Bwin-Vorstand Norbert Teufelberger im Gespräch: Wie sich Deutschland Milliarden durch die Lappen gehen läßt, was die Lizenz in Frankreich bedeutet, warum Österreich vor dem EuGH gelandet ist und wer Weltmeister wird.
wirtschaftsblatt.at: bwin hat kürzlich eine Lizenz für den französischen Glückspielmarkt erhalten. Sie beide wurden in Frankreich 2006 wegen Verstoßes gegen das Glückspielgesetz kurzzeitig festgenommen. Ist die jetzt erhaltene Lizenz eine späte Rehabilitierung, bzw. verspüren Sie in diesem Zusammenhang auch ein wenig Genugtuung?
Norbert Teufelberger: Wir sind der einzige internationale Anbieter, der in der ersten Lizenzierungswelle in Frankreich lizenziert worden ist. Für bwin haben wir eine Sportwetten- sowie eine Pokerlizenz erhalten. Über unser Joint Venture SAjOO, eine Kooperation mit der französischen Mediengruppe Amaury, gab es ebenfalls zwei Lizenzen. Auf dem französischen Markt können wir ab sofort eine Zwei-Marken-Strategie fahren. Bereits am Tag nach der Lizenzerteilung um 6 Uhr morgens haben wir erfolgreich unsere französischen Labels gelauncht. Für bwin ist das ein großer Erfolg, und eine gewisse Form der Genugtuung ist nicht abzustreiten. Frankreich war über lange Jahre dafür bekannt, besonders hart gegen fortschrittliche Formen des Glücksspiels vorzugehen. Jetzt hat die Grande Nation erkannt, dass Online-Gaming die bei weitem transparenteste und am leichtesten kontrollierbare Form des Glücksspiels ist, wenn man seriöse Anbieter mit Lizenzen ausgestattet und klare Standards etwa für Spielerschutz etabliert. Frankreich ist nach Italien und England das dritte große europäische Land, das seinen Online-Spiel-Markt öffnet. Von Spanien, Dänemark und Deutschland sowie einzelnen US-Bundesstaaten gehen ebenfalls positive Signale aus.
Kommentar vom Glücksspielrechtsexperten Mag. Georg Streit
„Zum Schlussantrag im ersten die österreichische Glücksspielrechtslage betreffenden Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH sei auf die Ausführungen unter Gesetzeslage – EU-Recht verwiesen. Im Schlussantrag vom 23.2.2010 (Rs C-64/08) betonte der Generalanwalt, dass es den Mitgliedstaaten freisteht, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet des Glücksspiels festzulegen und das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen. Die Zulässigkeit eines Glücksspielmonopols stellte der Generalanwalt nicht in Frage. Er bemerkte, dass das vorliegende österreichische Gericht seine Vorlagefragen dazu zu wenig präzise formuliert hatte. Der Generalanwalt betonte aber, dass die Lenkung des Glücksspiels in geordnete Bahnen und die Zwecke der Bekämpfung von Betrug und Kriminalität zur Rechtfertigung von Beschränkungen von Glücksspielangeboten geeignet sind und diesen Zielen auch die Werbung für legale Glücksspiele nicht entgegensteht, wenn diese darauf abzielt, eine attraktive Alternative zu den verbotenen Spielen darzustellen und die Nachfrage nach Glücksspielen nicht übermäßig belebt. Die Werbung für Glücksspiele in Österreich bedeutete für den Generalanwalt nicht, dass die österreichische Glücksspielrechtslage nicht mit der Rechtsprechung des EuGH zur Zulässigkeit von Glücksspielbeschränkungen unvereinbar wäre.
Eine Entscheidung des EuGH ist noch ausständig. Der Schlussantrag des Generalanwalts hielt sich aber im Rahmen der bisher bekannten Rechtsprechung. Es ist zu erwarten, dass der EuGH seiner bisherigen Rechtsprechungslinie auch in seinem Urteil in dieser Rechtssache treu bleibt und die bekannten Grundsätze seiner Judikatur formuliert und dem Vorlagegericht die genaue Prüfung der Umstände, unter denen Glücksspielveranstaltungen in Österreich beschränkt werden könnte, aufträgt.
Aufgrund der identischen Formulierung der Vorlagefragen in den Rechtssachen C-235/08 und C-116/09 ist mit einer gleichlautenden Entscheidung des EuGH zu rechnen. Die Vorlagefragen im Verfahren Rs C-347/09 zielen auf die gleichen Fragen ab, wie die anderen, sind jedoch etwas weiter formuliert. Interessante Detailfragen finden sich in jenem letzten Vorabentscheidungsersuchen aus Österreich zum Glücksspielrecht im Hinblick auf die Online-Glücksspiele aus anderen Mitgliedstaaten und deren Beschränkungen in Österreich. Mit ähnlichen Fragen hatte sich der EuGH aber bereits im Zusammenhang mit anderen Vorabentscheidungsersuchen zu beschäftigen. Der EuGH betonte dabei, dass die Besonderheiten des Internet-Glücksspiels spezifische Beschränkungen dafür rechtfertigen können. Auch hier sei auf die Ausführungen zu den Urteilen des EuGH vom 3.6.2010 in den Rechtssachen C-203/08 und C-258/08 unter Gesetzeslage – EU-Recht verwiesen.“