Geldstrafe von 1.300 Euro – Anwalt will gegen Urteil vorgehen – Europarechtler sieht „rechtspolitischen Skandal“
[[image1]]Der Casinobetreiber Ernst Engelmann ist am Dienstag vom Landesgericht Linz wegen illegalen Glücksspiels zu einer Geldstrafe von 1.300 Euro bedingt auf ein Jahr verurteilt worden. Der Entscheid ist rechtskräftig, teilte der oberösterreichische Europarechtler Franz Leidenmühler mit. Mit dem Fall Engelmann war auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) befasst.
Engelmann hatte gegen ein Urteil des Bezirksgerichts Linz im Jahr 2007 Berufung eingelegt, woraufhin das Landesgericht den EuGH anrief. Es ging um die Frage, ob die Vergabe der Casinolizenzen in Österreich an die Casinos Austria EU-rechtskonform war – was der EuGH im Herbst 2010 verneinte. Wegen der Causa musste das österreichische Glücksspielgesetz novelliert werden, nun müssen die Spielbanklizenzen EU-weit ausgeschrieben werden.
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Kommentar Redaktion Spieler-Info.at
Nach einer APA-Meldung vom 01.03.2011 wurde Herr Engelmann, dessen Fall auch die Glücksspielrechtsprechung des EuGH bereichert hat, vom LG Linz vor wenigen Tagen wegen der Veranstaltung von illegalen Glücksspielen zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt.
Zur Vorgeschichte: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte am 9.9.2010 festgestellt hatte, dass die frühere (zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr geltende) österreichische Glücksspielrechtslage in zwei Punkten dem Europäischen Unionrecht widerspricht, konkret war das Erfordernis des Sitzes im Inland als Voraussetzung für die Erlangung einer Konzession nach dem Glücksspielgesetz und die Vergabe dieser Konzessionen ohne vorausgegangene Ausschreibung nicht mit dem Unionsrecht vereinbar. Herr Engelmann hatte sich allerdings um eine Konzession gar nicht beworben und auch das Bestehen einer Aktiengesellschaft nicht nachgewiesen. Das, so die APA-Meldung, sei der Grund für seine Verurteilung trotz der vom EuGH festgestellten Unionsrechtswidrigkeit des Österreichischen Glücksspielgesetzes.
Nach Ansicht von Spieler-Info.at ist dies – anders als offenbar für die in der APA-Meldung genannten beiden Vertreter einiger österreichischer Glücksspielveranstalter, die über keine Zulassung nach dem GSpG verfügen – nicht überraschend. Herr Engelmann erfüllte schlicht die gesetzlich normierten Voraussetzungen für eine Konzessionserlangung nicht, er beantragte auch gar keine Konzession, und veranstaltete aber dennoch in Österreich Glücksspiele. Dass nach dem EuGH einige dieser Voraussetzungen gar nicht rechtens sind, kann nichts ändern, dass Herr Engelmann ungesetzlich agierte – und dafür wurde er offenbar von einem Linzer Gericht verurteilt. Richtig ist zwar, dass nach dem Urteil des EuGH im „Fall Placanica“ (vom 6.3.2007, Rs C-338/04) niemand bestraft werden kann, wenn er gegen ein Gesetz verstößt, das im Widerspruch zum Unionrecht steht und er wegen dieses Widerspruchs bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllen konnte, worauf sich offenbar auch der Rechtsvertreter von Herrn Engelmann im Linzer Strafverfahren berief. Anders als die Beschuldigten im Fall „Placanica“ erfüllte Herr Engelmann aber auch Voraussetzungen nicht, die vom EuGH nicht als unionrechtswidrig bezeichnet wurden, die aber für die Erlangung einer Glücksspielkonzession notwendig sind. Die in der APA-Meldung berichtete Entscheidung des Linzer Gerichts ist daher nachvollziehbar. Bei allem Verständnis für die Empörung eines Parteienvertreters in einem Strafverfahren über das Urteil gegen seinen Mandanten ergibt sich bei etwas aufmerksamerer Betrachtung der Hintergründe kein Grund dafür, noch weniger dafür, von einem „Skandal“ zu sprechen.
Gleiches gilt auch für die vom Linzer Juristen Dr. Leidenmühler laut der zitierten APA-Meldung in diesem Zusammenhang heftig kritisierte „gemeinsame Stellungnahme“ des Bundesministeriums für Justiz und des Bundesministeriums für Finanzen“. Diese Stellungnahme dient der Klarlegung der Rechtsauffassung des Justizministeriums und des Finanzministeriums, die von der Engelmann-Entscheidung des EuGH betroffen sind, nicht mehr aber auch nicht weniger. Das Dokument widmet sich vielen Fragen, die rund um die Engelmann-Entscheidung des EuGH aufgetreten sind und noch auftreten könnten. Es weist Dokument eindeutig und klar darauf hin, dass die darin enthaltenen Ausführungen nicht geeignet sind, die unabhängige Rechtsprechung zu präjudizieren. Damit ist der von Dr. Leidenmühler angesprochene äußere Anschein der Befangenheit nicht gegeben. Warum dieses Dokument laut Dr. Leidenmühler in der APA-Meldung einen „autoritären Eingriff“ in das Engelmann-Verfahren vor dem LG Linz darstellen soll, begründet Dr. Leidenmühler gar nicht. Die gemeinsame Stellungnahme der beiden Ministerien enthält zu den rechtlichen Ausführungen zahlreiche Hinweise auf Judikatur und Literatur. Auch jener Passus in der Stellungnahme, der sich konkret mit den Auswirkungen der EuGH-Rechtssache Engelmann auf die Strafbarkeit der Veranstaltung von Glücksspielen ohne Konzession bezieht, nimmt nicht auf das laufende Strafverfahren Bezug, sondern auf mögliche andere Sachverhalte, die unabhängig von dem Strafverfahren gegen Herrn Engelmann von anderen Glücksspielveranstaltungen erfüllt werden könnten. Weshalb es dem Ministerium verwehrt sein soll, eine allgemein gehaltene rechtliche Abhandlung zu veröffentlichen, bei der an mehreren Stellen darauf hingewiesen ist, dass diese nicht für die Gerichte präjudiziell ist und nicht als den Gerichten dienend angesehen werden muss, bleibt offen.
Offenbar traut Dr. Leidenmühler den Gerichten nicht zu, sich eine eigene Rechtsmeinung zu bilden – oder dient diese Kritik gar dazu, die Gericht dahingehend zu beeinflussen, von Verteilungen jedenfalls abzusehen, um sich nicht mit dem Thema Befangenheit auseinander setzen zu müssen? Nicht unerwähnt bleiben soll, dass Dr. Leidenmühler selbst versucht, publizistisch auf die vorherrschende Meinung im Glücksspielrechtsbereich Einfluss zu nehmen, indem er in einem Aufsatz vom Ende des Glücksspielmonopols und der Straffreiheit von konzessionsloser Glücksspielveranstaltung trotz gegenteiligen Gesetzeswortlauts sprach.