Automatenaufsteller wollen Glücksspielgesetz-Novellierung wegen angeblich mangelndem Spielerschutz mit Hilfe der Staatsanwaltschaft bekämpfen, um Automaten-Einzelaufstellungen OHNE neue, strenge Regelung (online-Anbindung und Kontrolle durch das BMF) zu gestatten.
Unter dem Titel „Glücksspielgesetz: Wer gab den Auftrag zur Manipulation?“ vermeint RA Dr. Patrick Ruth in seiner Pressekonferenz am 12.4.2012 eine aufklärungsbedürftige Gewichtung des Spielerschutzes aufzudecken.
Lesen Sie hier den Text der Presseaussendung Dr. Ruth und den Kommentar von Spieler-Info.
Wien (OTS) 12. April 2012 – Auf der heutigen Pressekonferenz stellte RA Dr. Patrick Ruth, Innsbruck, zusammen mit den Glücksspielexperten Prof. Dr. Dr. Peren, Forschungsinstitut für Glücksspiel und Wetten, Bonn und Roman Neßhold PMM, BA, Institut Glücksspiel & Abhängigkeit, Salzburg, einen Vergleich der Spielerschutzvorschriften für die Glücksspielautomaten in Österreich vor; siehe Grafik:
Prof. Peren gab einen professionellen Überblick und fasste die Resultate der Studien zu den sozialen Kosten und der Spielsuchtgefährdung der unterschiedlichen Glücksspielangebote
zusammen. Das Spielsuchtgefährdungspotential von Glückspielautomaten mit hohen Einsätzen und Gewinnen in den Casinos ist ganz deutlich vielfach höher, als beim Kleinen Glücksspiel mit niedrigen Einsätzen und Gewinnen. Die sozialen Kosten sind bei einem Glücksspielautomaten mit hohen Einsätzen und Gewinnen ebenfalls massiv höher als beim Kleinen Glücksspiel.
Im Casino z.B. erlaubt das Finanzministerium, dass mit 1 x Starttaste- Drücken gleich Euro 1.000.- verloren gehen können. Nachgewiesen sind Glücksspielautomaten im Casino Innsbruck z.B., mit bis zu Euro 500.- pro Spielstart! In wenigen Sekunden kann man dabei
mehrere Monatsgehälter verspielen! Genau dort, bei den gefährlichsten Glücksspielautomaten, gibt es die wenigsten Spielerschutzvorschriften! Diese allergefährlichsten Glücksspielautomaten brauchen zukünftig nicht einmal an das Bundesrechenzentrum zur Überwachung angeschlossen sein.
Unter Missachtung von Logik und Realität sind im Glücksspielgesetz aber für die vergleichsweise harmlosesten Glücksspielautomaten, mit den geringsten Einsätzen und Gewinnen, die meisten, strengsten und aufwändigsten Spielerschutzvorschriften vorgeschrieben.
Roman Neßhold berichtete, an Hand dokumentierter Fälle von Spielern, dass die Spielerschutzvorschriften in den Casinos und WinWin Spielhallen, mit den gefährlichsten Glücksspielautomaten, immer wieder auffallend unzureichend sind. Diese Tatsachen werden
auch im, immer wieder novellierten, Glücksspielgesetz weiter ignoriert.
Rechtsanwalt Dr. Patrick Ruth erstattet im Auftrag eines Mandanten Anzeige, damit die, möglicherweise sogar korrupten, Auftraggeber dieser Realitätsverdrehung und Marktmanipulation ausgeforscht werden. Er fordert weiter, dass die, nachgewiesenermaßen gefährlichsten, Glücksspielautomaten in den Casinos zumindest denselben, strengsten, Spielerschutzmaßnahmen unterliegen müssen, wie die harmlosesten Glücksspielautomaten mit den geringsten Einsätzen und den kleinsten Gewinnen. Eine Verschärfung nach realer Sozialschädlichkeit ist denkbar. Der Gesetzgeber ist gefordert diese, europarechtlich zwingenden, Mindestbedingungen an entsprechende Kohärenz herzustellen.
Kommentar Spieler-Info zur PK RA Dr. Ruth 12.4.2012
Am Donnerstag, den 12.4.2012 wurde im „Cafe Landtmann“ von Herrn RA Dr. Patrick Ruth und zwei weiteren Personen am Podium eine rund 1 ½ stündige Pressekonferenz mit dem Titel „Groteske Verzerrungen im Glückspielgesetz aufgedeckt“ abgehalten.
Die Pressekonferenz im (kleinen) „Löwelzimmer“ des Cafe Landtmann war mit rund 50 Zuhörern überlaufen. Der Kreis der Zuhörer war offenbar mit „Spielern“ bzw. privaten an Glückspiel bzw. Spielsuchtvorbeugung interessierten Personen, Automatenbetreibern und sonstigen nicht zuordenbaren Personen sehr heterogen. Trotz der großen Anzahl an Personen waren jedoch kaum (identifizierbare) Vertreter der Medien anwesend: Teams von Fernsehen bzw. Radio waren nicht anwesend; außerdem waren nur 2 bis 3 (identifizierbare) Vertreter von Printmedien anwesend. Einer verließ vorzeitig die Veranstaltung, ein anderer (namentlich nicht genannter) Herr, der angab, im Auftrage zweier großer österreichischer Tageszeitungen anwesend zu sein, meinte wörtlich: „Ohne weitere Unterlagen wird das keine Geschichte werden“.
Inhaltlich beschäftigte sich die Veranstaltung entgegen dem in der Einladung angekündigten Thema schwerpunktmäßig mit Spielsucht (Vorbeugung) sowie sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen des hauptsächlich „kleinen“ (Automaten-) Glückspiels.
Neben RA Dr. Ruth referierte am Podium zunächst Prof. DDr. Franz W. Peren (Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats des Forschungsinstituts für Glückspiele und Wetten, Bonn) in einem Kurzreferat vor allem über die Lage in der Bundesrepublik Deutschland. Hier verglich er anhand des von ihm präsentierten Zahlenmaterials die sozialen Kosten des Glückspiels in der Bundesrepublik Deutschland mit dem sozialen Nutzen und hielt fest, dass die sozialen Kosten in der Bundesrepublik mit € 225,00 bis € 300 Mio nur rund 1/6 des sozialen Nutzens (wiederum in der Bundesrepublik mit € 1.370 Mio) betragen würden. Insgesamt plädierte Prof. DDr. Peren für das Automatenglückspiel (mit niedrigen Einsätzen), das seiner Ansicht nach nach Lotto/Toto/Keno das ungefährlichste Spiel sei.
Im Anschluss schilderte der Präsident des Salzburger Instituts „Glückspiel und Abhängigkeit“, Herr Roman Neßhold, drei Negativbeispiele, anhand derer – seiner Ansicht nach – deutlich feststellbar sei, dass der Spielerschutz versagt habe und zum Teil auch gar nicht gewünscht sei. Inhaltlich richtete sich seine Kritik massiv gegen die CASAG (Casinos Austria AG) bzw. die Lotterien (hier wiederum „Win Win“). So hätte im Casino Salzburg eine blinde Dame einen Betrag von rund € 200.000,00 verloren. Eine weitere Dame, die sich unerlaubt aus einer psychiatrischen Einrichtung entfernt hätte, habe in der Win Win – Spielhalle in Zell am See spielen dürfen, obwohl laut Herrn Neßhold die mangelnde Geschäftsfähigkeit hätte erkennbar sein sollen und drittens sei einem Spieler aus dem oberösterreichisch-salzburger Raum nach einem Millionengewinn im Casino Salzburg eine über seinen eigenen Antrag von den Casinos eingerichtete Spielersperre nach zwei Wochen wieder aufgehoben worden, sodass der Mann nicht nur den gesamten gewonnenen Betrag verloren habe, sondern auch finanziell und psychisch ruiniert worden sei. Belege für diese mündlich vorgebrachten Einzelbeispiele wurden nicht vorgelegt. Präsident Neßhold warf der CASAG insbesondere auch vor, von ihm an die „Casinos“ gerichtete Anfragen zu ignorieren, auf die lange Bank zu schieben und letztlich sinngemäß „totzuadministrieren“.
Im letzten Teil der Pressekonferenz kritisierte der Veranstalter RA Dr. Patrick Ruth massiv die beiden großen Novellen des Glückspielgesetzes des Jahres 2010. Sein Vorwurf lautete – sinngemäß wiedergegeben – dass die Novellen des Glückspielgesetzes unter dem Vorwand des erhöhten Spielerschutzes gemacht worden seien, eben diese Novellen in Wahrheit jedoch den Spielerschutz verringert hätten. RA Dr. Ruth kündigte dann an, bei der Staatsanwaltschaft Wien im Auftrag eines (nicht genannten) Mandanten eine Strafanzeige gegen unbekannte Täter wegen dieser Novellen des Glückspielgesetzes einzubringen. Vielleicht gelinge es ja, so RA Dr. Ruth, zu ermitteln, wer den Auftrag zu diesen Novellen mit welchem Ziel gegeben hätte und was der genaue Inhalt dieses Auftrags gewesen sei. Möglicherweise habe ja – so RA Dr. Ruth wörtlich – „jemand gesagt, macht´s einen Spielerschutz, der gar keiner ist“. Kryptisch gab sich RA Dr. Ruth hinsichtlich eines angeblichen zweiten Teils der von ihm einzubringenden Strafanzeige. Dieser sei „noch geheim“ und würden Details dazu „zu gegebener Zeit“ bekanntgegeben. Konkrete und „juristisch greifbare“ Details zu seiner Strafanzeige präsentierte Dr. Ruth nicht. Unterm Strich plädierte RA Dr. Ruth für eine Dezentralisierung des Spielerschutzes, die in weiterer Folge letztlich eine Legalisierung der zur Zeit in „Hinterzimmern“ von Gasthöfen, Tankstellen, etc., illegal betriebenen Glückspielautomaten bedeuten würde. Nur so könne – zumindest nach Ansicht Dris. Ruth – eine effiziente Überwachung der Einhaltung von Spielerschutzkriterien ermöglicht werden. Auf eine entsprechende Anfrage aus dem Kreis der Zuhörer, wie sich Dr. Ruth vorstelle, dass die zuvor beschriebenen Verstöße gerade bei kleinen – kaum kontrollierbaren – Anbietern auszuschließen seien, meinte Dr. Ruth, dass das nicht das Thema sei …
Bild: Uwe Steinbrich/www.pixelio.de