Wien. Die SPÖ fordert im Wahlprogramm das Verbot von Glücksspielautomaten. „Game over für das kleine Glücksspiel“, heißt es. Das Wiener Verbot ab 2015 soll in ganz Österreich Schule machen. Wird es nicht. Denn nicht nur die ÖVP ist gegen ein Verbot der blinkenden Kästen, sondern auch rote Granden wie Landeshauptmann Hans Niessl. Automaten sind Landessache; Niessl hat gerade neue Lizenzen vergeben. Nach Niederösterreich, Kärnten, Oberösterreich gehören Automaten auch im Burgenland weiterhin zum Inventar von Spielsalons, Cafés, Tankstellen. Der Automatenkaiser Novomatic kann weiter auf quasi automatische Gewinne setzen, die Landeshauptleute auf Steuern aus dem kleinen Glücksspiel.
Doch es geht längst nicht mehr nur um Automaten in muffigen Kabinen. Gezockt wird auch mit dem iPad, auf der Couch oder mit dem Laptop im Schwimmbad. Das Zocken dringt bis in die Hosentaschen vor – als einarmiger Bandit am Handy oder als flotte Roulette-App fürs Smartphone.
Der Umsatz der Industrie hat sich in zehn Jahren beinahe verdreifacht – auf 14 Milliarden. Die Steuereinnahmen haben sich seit 2009 fast verdoppelt. Da freut sich jeder Finanzminister. Mit dem technischen Einsatz der Glücksspielindustrie steigt aber der Druck auf einen höheren Einsatz der Politik für eine echte Glücksspielstrategie. Denn je verlockender und greifbarer das Glücksspiel, desto stärker breitet sich die Spielsucht vor allem bei ärmeren Menschen aus. Sie reißt Familien in den Abgrund und zählt zu den häufigsten Motiven für Beschaffungskriminalität. Die Zahl von 64.000 Österreichern, die laut einer Studie (Kalke) als spielsüchtig gelten, hält Izabela Horodecki von der Spielsuchthilfe mittlerweile für zu niedrig.
Der 31-jährige Markus U. (Name geändert) ist einer von ihnen. Die Geschichte seiner Sucht zwischen Automaten und Internet zeigt, wie politische Regeln den Spieleralltag beeinflussen und wo solche Regeln fehlen.
Von Clemens Neuhold
Bild: Ibefisch / www.pixelio.de