Beim Zocken gewinnt immer der Automat. Das Live-Wetten-Verbot ist politisch die richtige Prävention für Spielsucht. Angesichts der boomenden Glücksspielindustrie, die allein in Österreich 15 Milliarden umsetzt, und des illegalen Glückspiels, ist das Verbot aber nur eine Beruhigungspille.
Es ist eine einfache Rechnung, die leider nicht aufgeht: Der Traum vom großen Gewinn, vom Vierfach-Jackpot, von den drei Himbeeren beim einarmigen Banditen, vom richtigen Fußballergebnis, dem schnellsten Pferd und besten Windhund lässt trotzdem die Spieler galoppieren. Obwohl das Glück nur ein Vogerl ist, einmal muss es doch am Konto landen. Das Internet hat die Spielmöglichkeiten noch einmal vervielfacht, gezockt wird live – mit oder ohne Ende. Das gute alte Fußball-Toto kann da gar nicht mithalten. Die Einsätze werden gesteigert, das Risiko, in die Spielsucht abzugleiten, erhöht sich mit jedem eingesetzten Cent. Bereits 7000 Tiroler leiden an krankhafter Spielsucht, die immer mehr Existenzen bedroht.
15 Milliarden Euro werden jährlich für das Glücksspiel in Österreich ausgegeben, die Verluste für die Spieler betragen rund 1,5 Milliarden Euro. Durchschnittlich 480 Euro investieren die Österreicher in Wetten, das sind um 84 Prozent mehr als noch 2004. Mit den Ausgaben für illegale Spielautomaten wird der Wetteinsatz pro Kopf deutlich höher sein. Allein in Tirol liegt die sprichwörtliche Dunkelziffer bei 300 bis 400 Millionen Euro. Dass das Land jetzt Live-Wetten verbietet, die nicht nur das Spielverhalten weiter anheizen, weil sie im Sekundentakt die Gewinnmöglichkeiten vermeintlich erhöhen, sondern Tür und Tor für Wettbetrug und Spielmanipulationen z. B. im Fußball eröffnen, ist ein wichtiger Schritt zur Prävention. Zocken soll für Spieler und Anbieter erschwert werden.
Dennoch bleibt ein bitterer Beigeschmack, weil die landesgesetzlichen Möglichkeiten beschränkt sind: Im World Wide Web werden virtuell nach wie vor Milliarden verzockt, die gähnende Leere in den Brieftaschen und am Bankkonto ist dann bittere Realität. Und das illegale Glücksspiel an beinahe jeder Straßenecke blüht ebenfalls weiter. Offenbar sind die Behörden machtlos. Sperrt ein Lokal zu, wird es an einem anderen Ort wieder geöffnet. Spieler-Schutzorganisationen bezweifeln jedoch die Machtlosigkeit der Exekutive und der Verwaltungsbehörden, sie orten vielmehr mangelndes Engagement. Die Liste ihrer Anzeigen ist lang, die Anzahl der daraufhin geschlossenen Spiellokale und abgedrehten Glücksspielautomaten hingegen kurz. So gesehen dürften die behördlichen Maßnahmen und Razzien in Tirol derzeit ein Glücksspiel sein. Weil viel Geld im Spiel ist, können die Strafen wahrscheinlich leicht verschmerzt und den Behörden automatisch drei lange Nasen gezeigt werden.
Quelle: TIROLER TAGESZEITUNG: Leitartikel vom 23. April 2015 von Peter Nindler – Beim Zocken gewinnt immer der Automat