Um die massive Vorgangsweise gegen den Standort „STAR Wettcasino“ mit 18 illegalen Glücksspielgeräten in der Ringstraße 34 in Wels richtig beurteilen zu können, muss man die Vorgeschichte und die etwas komplizierte rechtliche, aber auch soziale Situation in Bezug auf die Unterwelt des illegalen Glücksspiels kennen.
In Oberösterreich war seit bald 30 Jahren das sogenannte Kleine Glücksspiel verboten.
Genau wegen diesem Verbot bildete sich ein großer illegaler Markt mit unkontrolliert spielenden Glücksspielautomaten – zeitweise waren es in OÖ alleine mehr als 3.000 Geräte! Aktueller Stand in OÖ: 400 Glücksspielgeräte.
Mit der Glückspielnovellierung im Jahr 2010 erhielten drei Konzessionäre die Erlaubnis ein stark reguliertes, eingeschränktes, streng kontrolliertes Automatenglücksspiel in Oberösterreich zu betreiben.
Der harte Kern der illegalen Glücksspielbetreiber kümmert sich bis heute nicht um dieses Verbot.
Besonders die Städte Linz und Wels – hier sind Polizeidirektionen und nicht etwa eine Bezirkshauptmannschaft für den Kampf gegen das illegale Glücksspiel zuständig – weisen eine große Dichte illegaler Glücksspielgeräte auf.
Im letzten Jahr hat sich aufgrund der beherzten Vorgangsweise der Finanzpolizei (Leitung Wilfried Lehner, MLS und OÖ Chef Hofrat Mag. Peter Weldy) die „Einigelung“ der illegalen Anbieter breit gemacht.
Am Beispiel des Standortes „Star Wettcasino“ zeigt sich, wie massiv und „vorbeugend“ die Betreiber „Schutzmaßnahmen“ gegen die Finanzpolizei, die örtliche Polizei und Behördenmitarbeiter aufgebaut haben.
Von außen fast nicht mehr erkennbar, bietet sich innen eine großzügig angelegt Spielhöhle, welche zum Datum des Einsatzes folgenden Geräte im Einsatz hatte:
· WEBAK
· AINSWORTH (ACT) Type AMBASSADOR
· RUPP GAMES
· ACT Type World Games
· KAJOT
Die neue Qualität der Gesetzlosen
Einige dieser Geräte haben anlässlich einer Razzia in Wien, in der Hütteldorfer Straße 46 und auch in anderen Bundesländern, wie Tirol und Salzburg, traurige Berühmtheit erlangt. Mit ferngesteuerten, durch online oder Fernzündung ausgelösten Attacken der stationären illegalen Glücksspielgeräte mit Reizgas wurden in Wien zwei Beamte, darunter auch eine Polizistin verletzten (siehe https://www.spieler-info.at/article/angriff-auf-finanzpolizei-illegale-automatenbetreiber-voellig-enthemmt)
Diese neue Qualität der GESETZLOSEN zeigt, wie sich der Markt des illegalen Glücksspiels in eine gefährliche Richtung entwickelt: hin zur hemmungslosen Gewalt, auch gegenüber Behörden, Polizisten und der Finanzpolizei.
Um die Vorgangsweise der Welser Behörden anlässlich der Razzia am 22. Juni 2016 noch besser beurteilen zu können, muss man auch wissen, dass dieses Lokal einer Firma Funmatic (siehe FB-Auszug im Anhang) zuzurechnen war. Die dort als Geschäftsführerin agierende Frau Steliana Ungureanu ist ebenfalls ein Beispiel, in welchen Händen das illegale Glücksspiel ist.
Dieses Unternehmen ging bereits am 5. Juni 2014 in Konkurs, der neue Standort ist jetzt auf die International New Real Estate KFT in Ungarn angemeldet.
Wirtschaftlich Verantwortliche hinter ausländischen Tarnfirmen
Viele der in Österreich tätigen illegalen Anbieter bedienen sich ausländischer Geschäftsführer oder Firmen, damit die Strafbeschiede oder Betriebsschließungsbefehle der Behörden nicht ordnungsgemäß und pünktlich zugestellt werden können. Sie sind Teil des Systems der illegale. Glücksspielunterwelt, an deren Spitze ein knappes Dutzend wirtschaftlich Verantwortlicher Österreicher stehen (https://www.spieler-info.at/article/die-wichtigsten-lieferanten-des-illegalen-automatengluecksspiels)
Auch die Finanzpolizei erhielt in den letzten Jahren mehrere Anzeigen. In Kenntnis der zahlreichen Anzeigen und im Wissen, dass sich die Betreiber schlicht an keine ordnungspolitischen Maßnahmen halten, de facto die Anarchie im Glücksspielwesen umsetzen, kam es nun in Wels zu der hohe Wellen schlagenden Razzia. Man muss darauf hinweisen: jahrzehntelang konnten die illegalen Betreiber ungestört von der Behörden ihr Spiel machen. Pro Glücksspielgerät und Monat ziehen sie Spielsüchtigen oft zig-tausende Euro aus der Tasche, was zu hohen sozialen Verwerfungen, familiären Problemen und Tragödien führt.
Die illegalen Anbieter spielen ohne Zugangskontrolle, lassen auch Jugendliche an die Geräte, spielen ohne Kontrolle der Glücksspielprogramme, ohne Limit und haben noch einen schwunghaften, gefährliche Geldverleih an die Spieler aufgezogen.
Es gab bereits an einigen Standorten Gewalt wegen diesem Verhalten der illegalen Glücksspielanbieter.
Seit November 2015 ist in Wels die junge Frau Mag. Dr. Alexandra Löberbauer Leiterin des Stadtpolizeikommandos. Völlig unbelastet von den vielen Verflechtungen, welche in den letzten Jahrzehnten von den Paten des illegalen Glücksspiels aufgezogen wurden. Völlig unbelastet von den spende-hier, spende-da Aktionen, geht sie gesetzeskonform gegen das gefährliche illegale Glücksspiel vor. Natürlich wussten die Behörden, auch die Polizeidirektion und die Finanzpolizei von der zahlreichen Anzeigen und der Vorgeschichte und den gefährlichen, mit Reizgas gefüllten Glücksspielgeräten, die sie bei der Razzia erwarteten würden.
Dr. Alexandra Löberbauer, Leiterin des Stadtpolizeikommandos Wels
Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Mitarbeiter oder der/die Geschäftsführer bzw. wirtschaftlichen Nutznießer für die Beamten sichtbar im Lokal aufhielten und den Einlass begehrenden Beamten nicht öffneten.
Zutritt und Kontrolle muss jederzeit ermöglich werden
Im Glücksspielgesetz ist die jederzeitige Zutritts- und Kontrollmöglichkeit für Behörden und Polizei ausdrücklich festgelegt. Beim illegalen Glücksspiel handelt es sich nicht um eine harmlose Verwaltungsübertretung, sondern eine Straftat mit verheerenden Folgen für die Bevölkerung. Die aktuelle, in Begutachtung befindliche Novellierung des Glücksspielgesetzes verschärft nochmals die jederzeitige Zugangs- und Kontrollmöglichkeiten für die Behörden.
Hätte sich die Polizei nach der unverschämten und frechen Verweigerung des Zutrittes für die Kontrolle zurückgezogen, würde damit der österreichischen Bevölkerung ein sehr schlechter Dienst erwiesen worden sein. Ein Rückzug hätte schlicht und einfach bedeutet, dass die anarchischen Gesetzlosen der illegalen Glücksspielszene tun und lassen können, was sie wollen, und der österreichische Staat nicht mehr in der Lage ist, seiner Kontrollpflicht nachzukommen.
Folgerichtig, logisch und gesetzeskonform, musste sich die Polizei im konkreten Falle zwangsweisen Zutritt verschaffen, um zu beweisen, dass sie jederzeit in der Lage ist, den Schutz der Bevölkerung vor derartigen Machenschaften zu gewährleisten
Die Frage, ob die Behörden Gasmasken im Einsatz dabei hatten, ist völlig sekundär. Bei einem richtigen Einsatz und einem ordentlichen Verhalten, der Mitarbeiter / Täter / wirtschaftlichen Nutznießer wäre der Einsatz des Reizgases gar nicht möglich gewesen. Davon konnte die Polizei ausgehen.
Das widerborstige Verhalten eines/r Mitarbeiters/in ist beispielhaft negativ, aber nicht immer zu erwarten.
Aus Gründen der Generalprävention – diese wird von der Justiz und auch von Richtern häufig herangezogen – mussten die Finanzpolizei und alle Behördenmitarbeiter konsequent vorgehen und die Amtshandlung bis zum vorgesehenen Ende durchsetzen. Jede andere Maßnahme hätte für die Glaubwürdigkeit der Behörden fatale Folgen gehabt.
Und immer wieder Richter Grof
Nun zum aktuellen Urteil des LvWG von Richter Dr. Grof. Herr Dr. Grof erfreut sich größter Beliebtheit im Kreis der illegalen Glücksspielanbieter. Er hat eine große Anzahl von Urteilen zugunsten der illegalen Betreiber gefällt. Es ist zweifelsfrei wichtig, dass einem österreichischen, unabhängigen Richter die uneingeschränkte Beweiswürdigung obliegt und er nach seiner Meinung urteilen kann. Herr Dr. Grof musste allerdings bereits massivste Rügen des ihm vorgesetzten Verwaltungsgerichtshofes wegen Rechtswidrigkeit seiner Urteile zur Kenntnis nehmen. Alle Urteile finden Sie unter (https://www.spieler-info.at/article/ooe-schutzwall-des-lvwg-richters-alfred-grof-fuer-illegales-automatengluecksspiel)
Es ist besonders beachtlich, dass gerade jene, welche gegen das Glücksspielgesetz und andere Gesetze verstoßen, sich auf die Menschenrechte beziehen.
Selbstverständliche ist der Hinweise auf die Menschenrechte immer ein bedeutsamer, allerdings sind dann auch die Menschenrechte jener Spieler, die aufgrund des illegalen Glücksspiels ihre Existenz verloren und ihre Familien zerstört haben, zu würdigen.
Ist das Menschenrecht eines Betreibers / Täters / Mitarbeiters, welcher Stunde für Stunde, Tag für Tag, das Leid der Spielsüchtigen erlebt und negatives gehört hat, höher als das Menschenrecht der geschädigten Spieler?
Bezeichnend ist, dass diese Frage im Urteil des Richters Dr. Grof keine Bedeutung beigemessen wird. Dr. Grof geht in seinem Urteil stets davon aus, dass das österreichische Glücksspielgesetz EU-rechtswidrig ist, in seinen juristischen Aufsätzen legt er auch dar, dass er den Urteilen der oberen Gerichte in dieser Angelegenheit wenig Bedeutung beimisst und damit de facto zum Schutzengel der illegalen Glücksspielanbieter geworden ist.
Rekurs wird erwartet
Die Landesverwaltungsgerichte fallen organisatorisch weder in die Ressortzuständigkeit des Justiz- noch des Finanzministerium, sondern sind eine Einrichtung der Länder. Die Richter der Landesverwaltungsgerichte genießen die verfassungsrechtlich gewährleisteten Garantien der Unversetzbarkeit, der Unabsetzbarkeit und der Weisungsfreiheit hinsichtlich ihrer richterlichen Entscheidungen.
Das Urteil des LvWG (http://www.lvwg-ooe.gv.at/14863_DEU_HTML.htm) vom 24.09.2016 ist nicht das letzte Wort. Es darf berechtigt angenommen werden, dass das BMF als Beteiligter Rekurs einlegt und die Causa „Razzia in Wels“ wieder beim Verwaltungsgerichtshof landet, bei jenen Gerichtshof, der die Urteile des Herrn Dr. Grof bereits aufs schärfste kritisiert und aufgehoben hat.
Betreffend dem Polizeieinsatz Interview mit Polizeisprecher David Furtner mit ORF.at am 06.10.2016:
Polizeisprecher David Furtner: „Der Betreiber und die Angestellte haben der Polizei von innen zugesehen, haben sich verbarrikadiert, haben die Türen nicht geöffnet, sogar ein hinzugezogener Schlüsseldienst und die Feuerwehr kommt diese Sperrverhältnisse nicht öffnen. Daher hat dann die Behörde vor Ort entschieden die Cobra hinzuzuziehen. In der Regel tritt die Cobra nicht mit Flip Flops und kurzer Hose auf. Die haben ein entsprechendes Aussehen. Erst der Cobra ist es dann gelungen, der Behörde, den Polizistinnen und Polizisten Zutritt in die Räumlichkeiten zu verschaffen.“
„Das ist der eine Kritikpunkt des LVwG, der andere lautet aber auch, hier sei die Menschenwürde durch eine Durchsuchung von einer Angestellten verletzt worden.“
Polizeisprecher David Furtner: „Es hat hier offenbar Verdachtsmomente gegeben, auf Grund des vorhergehenden Verbarrikadierens, dass mehrere Automaten mit Tränengas versetzt sind. Was meine ich damit: Es hat im Raum Salzburg und Innsbruck bereits Fälle gegeben, da wurden solche Glücksspielautomaten, solche illegalen Automaten mit Tränengas manipuliert. Hier kann man mittels einer Fernbedienung eine Auslösung provozieren. Und offenbar hat das Verhalten vorher dazu geführt, dass die Polizisten und die Behörde vor Ort annahmen – zu Recht aus unserer Sicht – dass vielleicht diese Frau mit einer Fernbedienung so etwas auslöst. Ganz wichtig ist uns aber zu betonen: ausschließlich Polizistinnen haben diese Frau durchsucht.“
„Das bestreitet auch der LVwG gar nicht, aber trotzdem – hat man da nicht mit den Mitteln übers Ziel hinausgeschossen?“
Polizeisprecher David Furtner: „Wir denken nicht, denn illegales Glücksspiel ist kein Kavaliersdelikt, hier geht es um eine Straftat.“
MMag. David Furtner, Polizeisprecher. © LPD Oberösterreich