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Mit Verboten allein ist es nicht getan: Der deutsche Sozialwissenschafter Heino Stöver über Spielregulierung und deren Effekte

Foto © Spieler-Info

Schützen und Stärken statt simples Verbieten: Heino Stöver, Co-Autor einer kürzlich publizierten „Faktenbasierten Evaluierung“ der deutschen Glücksspiel-Gesetzgebung, warnt davor, mittels Verboten den Kontakt zu den Spielern zu verlieren. Generell werfen Debatten über Sucht, über die Definition von „Sucht“ und Suchtprävention die Frage nach der Autonomie des Individuums auf.

Berlin.- Das Berliner Monatsmagazin „Novo. Argumente für den Fortschritt“ veröffentlicht im Rahmen seiner Online-Präsenz ein Interview mit Heino Stöver, Professor mit Schwerpunkt „Suchtforschung“ an der Frankfurter University of Applied Sciences. Es geht um Wert, Nutzen und Effekte staatlicher Regulierungen des Glücksspiels.

Im Gespräch mit Johannes Richardt kritisiert Stöver, dass die Glücksspielregulierung in Deutschland Ergebnisse der einschlägigen sozialwissenschaftlichen Fachforschung weitgehend ignoriert. Entsprechend entfernen sich die Regulierungen fortschreitend von der gesellschaftlichen Realität.

Hätte sich die Legislative mit den Resultaten der jüngeren evidenzbasierten Glücksspielforschung befasst, wüsste sie, dass mit Verboten alleine weder dem Spielerschutz noch dem Jugendschutz gedient ist. Speziell im volatilen Bereich des Online-Glücksspiels (generelles Verbot von Onlinewetten und -poker in Deutschland) wandern die User sofort ins Ausland ab, wodurch sie sich nicht nur dem deutschen Gesetz, sondern auch der sozialwissenschaftlichen Forschung (Statistik) entziehen.

Professor Stöver bemängelt, dass eine Gesetzgebung, die sich am „worst case“ des „pathologischen Spielers“ orientiert (1,5 bis 3%), ungeeignet sei, eventuelle Gefährdungen des (statistisch) durchschnittlichen Spielers abzuwehren.

Es brauche flexiblere Regulierungen, also Maßnahmen, die einfach auf den schnellen Wandel von Medien, Formaten, Spielmodellen reagieren können, gewissermaßen „lernende Regulierungen“. Stöver schlägt vor, statt dem „Verhindern“ und „Verbieten“ auf die Stärkung des Verbraucherschutzes – z.B. durch Sperrsysteme – zu setzen.

Das Thema „Sucht“ und die Definition dessen, was „Sucht“ sei, unterliege generell wechselnden gesellschaftlichen und moralischen Bewertungen. Dies gilt für den Sprachgebrauch im Alltag, wo sich die Rede von „Junkies“ und „-aholics“ in jüngerer Zeit sehr eingebürgert hat bis hin zu den Klinischen Codifizierungen in DSM 5 und ICD-10, die darüber bestimmen, wann ein Verhalten als medizinisch pathologisch bewertet wird und wann nicht.

Thema und Problem der „Sucht“ konfrontieren uns, so Stöver abschließend, grundsätzlich mit der Frage der persönlichen Freiheit und der Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen: Mit Verboten allein stärkt man den freien Willen des mündigen Bürgers mit Sicherheit nicht.

Professor Heino Stöver, Professor an der Frankfurt University of Applied Sciences mit dem Schwerpunkt „Sozialwissenschaftliche Suchtforschung“, Autor und Herausgeber mehrerer Bücher zum Thema Glücksspielregulierung, Glücksspielsucht und Spielsucht-Prävention in Deutschland.

 

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