Wien – Am Anfang der Probleme von Bwin stand der türkische Gesetzgeber. Im Jahr 2007 trat in der Türkei eine neue Regelung in Kraft, laut der Sportwetten nur noch von lizenzierten Anbietern angeboten werden durften. Da das Wiener Unternehmen, das mittlerweile längst zum internationalen Glücksspielkonzern GVC Holdings gehört, keine hatte, wurde eiligst nach möglichen Lösungen gesucht.
Vermeintlich wurde man bei einer österreichischen Vermittlergruppe um Gerda B. fündig, die damit warb, beste Kontakte in die Türkei zu haben und in kürzester Zeit eine Lizenz bei der türkischen Lizenzgesellschaft Spor Toto beschaffen zu können. Kostenpunkt: 2,25 Millionen Euro. Bwin schlug zu. Man einigte sich darauf, das Geld im Sommer 2007 an die Treuhandgesellschaft Cort International Establishment in Liechtenstein zu überweisen. Von dort aus sollte es erst nach Vorliegen der Lizenz ausbezahlt werden.
2,25 Millionen nach Liechtenstein
Für Bwin ging der Plan aber gehörig in die Hose. Die 2,25 Millionen Euro wurde nur wenige Tage nach der Überweisung nach Liechtenstein von dort weitertransferiert, ohne dass eine Konzession vorgelegen wäre. Ein später ausgehändigtes Lizenzdokument stellte sich als gefälscht heraus.
Die Interpretation des misslungenen Investments beschäftigt seither die Justiz. Bwin sah sich von Anfang an als Opfer eines Betrugs. Der Zugang der Staatsanwaltschaft Wien war ein anderer. Sie wollte die Bwin-Gründer Norbert Teufelberger und Manfred Bodner, zwei weitere Bwin-Mitarbeiter sowie Exlobbyisten des Unternehmens wegen Bestechung, Untreue und Geldwäscherei anklagen. Mit den Millionen sollten, so die Vermutung der Staatsanwaltschaft, türkische Spitzenbeamte bestochen werden.
Anklage war bereits fertig
Im Jahr 2016 lag bereits eine fixfertige Anklageschrift vor. Teufelberger und Bodner, die mittlerweile beide aus dem Unternehmen ausgestiegen sind, haben sich aber erfolgreich dagegen gewehrt. Im Mai des Vorjahres wurde die Anklage zunächst vom Oberlandesgericht Wien an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Vor wenigen Tagen wurden das Verfahren gegen Bwin nun endgültig eingestellt, wie der Anwalt Christopher Schrank von der Kanzlei Brandl & Talos dem STANDARD erklärte.
Schranks zentrales Argument: Laut Paragraf 307 des Strafgesetzbuches kann eine Bestechung nur dann vorliegen, wenn man einem „Amtsträger“ für die „pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts einen Vorteil für ihn oder einen Dritten anbietet“. Folglich müsste die Staatsanwaltschaft vor einer Anklage einen bestochenen Amtsträger in der Türkei ausfindig machen.
Erfolgloses Rechtshilfeersuchen in der Türkei
Das sah auch das Oberlandesgericht so. Einen derartigen Nachweis konnte die Staatsanwaltschaft aber nicht erbringen. Ein entsprechendes Rechtshilfeersuchen an die türkischen Behörden brachte nicht den gewünschten Erfolg. „Im Zweifel“ könne auch das Delikt der Untreue nicht nachgewiesen werden, heißt es in der Einstellungsbenachrichtung, nicht zuletzt deshalb, weil der Gesetzgebeber 2015 das Delikt der Untreue reformierte.
Das gesamte Verfahren ist damit aber noch immer nicht beendet. Gegen die früheren Berater wird weiterermittelt. Bwin hat sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligter angeschlossen und versucht, die 2,25 Millionen Euro zurückzubekommen. Die Chancen sind ungewiss. Die liechtensteinische Cort International Establishment ist längst in Konkurs.