Die Türkei befindet sich im Wandel und Anfang des Jahres ging der Staat massiv gegen illegales Glücksspiel, oft in Form von Sportwetten, vor. Über 200 Personen wurden verhaftet, hohe Bargeldsummen wurden beschlagnahmt und gleichzeitig wurden Scheinunternehmen aufgedeckt, die die getätigten Umsätze mit dem nicht bewilligten Glücksspiel verschleiern sollten. Auf der anderen Seite gibt es aber auch in der Türkei viele Menschen, die gerne zwischendurch spielen. Angesichts der Massenverhaftungen und dem härteren Kampf gegen das illegale Glücksspiel, sind sich viele Spieler aber auch unsicher. Was ist legal, was nicht? Dieser Artikel schaut sich das einmal an.
Was ist erlaubt und was nicht?
Glücksspiel ist in der Türkei allgemein ein heikles Thema. Denn einerseits erlaubt die immer mehr hervortretende Religion das Spiel nicht, auf der anderen Seite fühlen sich aber genau gläubige Personen vom Reiz des Spiels angesprochen. Das lässt sich auch hierzulande bestätigen, denn viele der Wettbars oder auch städtischen Casinos werden auch in Deutschland von Personen muslimischen Glaubens geführt. Zudem bietet auch die Türkei eine staatliche Lotterie an:
Milli Piyango – das ist das staatliche Lottospiel in der Türkei. Das Monopol liegt beim Staat, wenngleich dieser durchaus bereit wäre, Beteiligungen an der Lotterie zu verkaufen. Es wird gemutmaßt, dass ein Teil der Einnahmen aus der Lotterie zur Staatsfinanzierung genutzt werden, was auch die Suche nach einem Investor erklärt.
Pferdewetten – Gerüchten zufolge sollen auch sie verstaatlichtwerden. Das kann ein gelungener Umkehrschluss aus dem härteren Durchgreifen in den letzten Jahren sein. Mit den illegalen Sportwetten haben die Anbieter Millionen verdient, eine legale und staatliche Sportwettoption anzubieten, ist für jedes Land der Welt ein lukratives Geschäft.
Die Teilnahme an staatlichen Glücksspielen ist erlaubt. Trotzdem muss natürlich jeder Einzelne für sich entscheiden, ob die Teilnahme mit der eigenen Glaubensauffassung zusammenpasst oder nicht.
Wie sieht es mit Online-Glücksspiel aus?
Grundsätzlich geht die Türkei gegen illegales Glücksspiel vor. Dazu gehört auch das Online-Glücksspiel, denn bei der Razzia Anfang des Jahres gab es folgende Ergebnisse:
Cybercrime-Einheit – genau diese polizeiliche Einheit war an der Razzia beteiligt. Sie allein sagt schon aus, dass sich viele Strukturen im Internet bewegen müssen. Natürlich wird die Einheit auch genutzt, um beispielsweise Geldwäsche im Internet aufzudecken.
Prüfung – mittlerweile ist es kaum noch möglich, die Überprüfungen durch die Behörden zu verweigern.
Fakt ist aber auch, dass die Einsätze bislang ausschließlich die Betreiber und Anbieter von Online-Glücksspielen und Glücksspiel überhaupt trafen. In der Vergangenheit wurden jedoch auch schon Touristen festgenommen oder mit einem Bußgeld belegt, nachdem sie sich an einem illegalen Bingospiel beteiligt hatten. Welche Rechtslage tatsächlich greift und wie sicher Spieler an sich sind, ist allerdings aus der Ferne schwer einzuschätzen. Hier kann und muss jeder für sich entscheiden, ob ein Risiko eingegangen wird.
Und wie sieht es bei der Rechtslage in Deutschland aus, wo es ebenfalls ein staatliches Monopol gibt und noch nicht wirklich Lizenzen FÜR Online Casinos vergeben werden? Ein Überblick:
Schleswig-Holstein – wer in den vergangenen Wochen mal das normale TV-Programm schaute, der stieß ständig auf Reklamen von DrückGlück, Joe&Jane und anderen Online Casinos. Sie alle haben aber einen deutlichen Hinweis: Das Angebot gilt nur für die Personen, die ihren Wohnsitz oder dauerhaften Aufenthaltsort in Schleswig-Holstein haben. Dieses Bundesland hat nämlich Online-Lizenzen ausgegeben. Können die Casinos für andere Personen gar nicht erreicht werden? Doch:
EU-Lizenz – die meisten Casinos arbeiten mit offiziellen EU-Lizenzen, die meist aus Malta stammen. Auch die oben genannten. Bürger aus anderen (Bundes)Ländern werden direkt auf eine andere Adresse umgeleitet.
Verfolgung – Spieler an sich werden in Deutschland nicht verfolgt, obwohl sie sich beim Online-Glücksspiel durchaus in einer Grauzone befinden. Es könnte bei Aus- und Einzahlungen Probleme geben, doch erlauben die Banken in der Regel den Geldverkehr.
Lage – Deutschland hat das Problem erkannt. Etliche Bundesländer forcieren eine klare Online-Regelung, die natürlich die offizielle Lizenzvergabe beinhaltet. Im Sportwettenbereich ist das nun endlich nach langer Wartezeit geschehen. Auch hier spielt übrigens das Geld eine Rolle. Die EU-Lizenzen erfordern einen Sitz auf Malta, wo natürlich auch die Steuereinnahmen hingehen. Deutschland verliert also jährlich Millionen Euro aus dem Glücksspiel, da die Firmen ihren Sitz im Ausland haben.
Wird das härtere Vorgehen der Behörden das illegale Glücksspiel in der Türkei beenden?
Das ist natürlich schwer zu sagen. Wobei tatsächliche Verbote in der Geschichte der Menschheit niemals den absoluten Erfolg brachten, weil sich immer Schattengesellschaften bildeten. Die Prohibition führte zum illegalen Schnapsbrennen in dunklen Kellern, Poker wurde und wird immer neben dem offiziellen Spiel in Hinterzimmern gespielt. Vermutlich hatten die meisten Erwachsenen schon eine eigene Pokerrunde im heimischen Wohnzimmer, wo durchaus um Geld gespielt wurde. Rein faktisch betrachtet ist dies illegal, rein praktisch betrachtet kümmert sich bei diesen Kleinrunden kaum jemand darum.
Wie sich die Angelegenheit in der Türkei verhält, ist schwierig zu beurteilen. Sicherlich geht der Staat gegen illegale Sportwetten vor, doch eben dies macht beispielsweise auch Österreich. Dort wurden ebenfalls zuletzt diverse Menschen festgenommen, Scheinfirmen geschlossen und Millionen an Geldern beschlagnahmt. Zudem ist es schwierig, das Internet völlig zu durchleuchten. Selbst, wenn das saubere Netz abgeschaltet werden würde, gebe es immer noch den Weg ins Darknet. Sollte die Türkei allerdings hingehen und tatsächlich legale Lizenzen verteilen, dann würde das illegale Glücksspiel wieder relativ uninteressant und würde vor allem nicht als einzig mögliche Anlaufstelle für Spieler dienen. Denn hier gilt: Ohne ein offizielles Angebot suchen sich Menschen notfalls eine (illegale) Alternative.
Das türkische Vorgehen, abgesehen eventuell von den eingesetzten Mitteln, ist auch anderenorts zu finden. Jedes Land greift zwischendurch gegen illegales Glücksspiel und vor allem die Geldwäsche durch. In Österreich wurden zwar nicht über 200 Menschen verhaftet, die Beschlagnahmungen und Durchsuchungen hatten dennoch denselben Grund. Allgemein ist es in der Türkei natürlich ein zweischneidiges Schwert. Da sich das Land vermehrt auf die Traditionen berufen soll, steht Glücksspiel tatsächlich dem Koran im Wege. Generell kann Touristen und Bewohnern nur empfohlen werden, das Risiko für sich selbst einzuschätzen.
Quelle:
- Glücksspiel in der Türkei – nach härterem staatlichem Vorgehen noch möglich?, hurriyet.de, 18.09.2019