Die Tiroler Tageszeitung berichtet aktuell, dass sich ab morgen sieben Angeklagte am Landesgericht wegen Kokainhandels in krimineller Vereinigung verantworten müssen.
Innsbruck – Die Anklage rund um geheime Pokernächte in Privaträumlichkeiten erinnert an ein Filmdrehbuch. Vom Frühjahr 2018 an sollen in einer Wohnung in der Innsbrucker Amraser Straße und später in einem Privatraum in Völs illegale Pokerspiele stattgefunden haben. Die Runden sollen dabei vom Abend bis in den Vormittag gedauert haben. Dort verabreichtes Kokain soll dafür gesorgt haben, dass alle Mitspieler über die Stunden auch wach blieben.
In seiner rund 20-seitigen Anklage listet Staatsanwalt Thomas Willam insgesamt sieben Personen auf, die an dieser Kokain-Poker-Runde im Rahmen einer kriminellen Vereinigung mitgewirkt haben – für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. Der Erstangeklagte – ein bald 43-jähriger Türke – war dabei schon früher ins Visier der Ermittler geraten. So hatten Vertrauenspersonen der Polizei bereits ab 2016 berichtet, dass der Innsbrucker in Lokalen im großen Stil Kokain verdeale und auch noch als Mitglied einer kriminellen Vereinigung aktiv sei. Weitere Hinweise an das Landeskriminalamt (LKA) folgten. Einmal beschrieb ein Glücksspiel-Informant den Erstangeklagten sogar steckbriefartig, ordnete ihm „Vertriebsgebiete“ mit Glücksspielarten zu und vermerkte bei der Beschäftigung „Suchtgifthändler“.
Verhaftungswelle im Morgengrauen
2019 führte das LKA dann so genannte Strukturermittlungen zum illegalen Glücksspiel durch. Nach monatelangen Ermittlungen kristallisierten sich für die Fahnder dann der Erstangeklagte und zwei Mitangeklagte als Organisatoren von Pokerrunden heraus, die auch dazu gedient haben sollen, beträchtliche Mengen von Kokain in Verkehr zu setzen.
Weitere Observationen und Hinweise folgten. Sie reichten bis zu Kokainlieferungen in Nobel-Bordelle und dass in der Wohnung des Erstangeklagten am Spieltisch 300.000 Euro verzockt worden seien. Für Essen, Getränke und Unterhaltung durch Prostituierte sei dabei gesorgt gewesen. Poker-Spieler, die in die Wohnung des Erstangeklagten wollten, mussten an der Klingel die Tastenkombination „31“ drücken.
Bis zum Juni 2020 sammelte die Polizei Beweise. Dann kam es im Morgengrauen zu einer Verhaftungswelle: „Über 100 Polizeibeamte haben frühmorgens an verschiedensten Orten zeitgleich Verhaftungen durchgeführt. Die nunmehrige Anklage beruht auf intensivsten Ermittlungen“, skizzierte gestern Drogenjäger Willam gegenüber der TT seinen Standpunkt im morgigen Prozess.
Nicht alle Angeklagten geständig
Dieser wird am Landesgericht unter dem Vorsitz der erfahrenen Strafrichterin Helga Moser stattfinden und ist erst einmal für zwei Tage anberaumt. Dem Erstangeklagten drohen dabei bis zu 15 Jahre Haft, den Mitangeklagten bis zu zehn Jahre Haft. Nicht alle Angeklagten zeigen sich zur Anklage geständig.
Strafverteidiger Mathias Kapferer für den Zweitangeklagten auf Anfrage: „Mein Mandant hat beim Drogenhandel niemals mitgewirkt. Er hatte sehr wohl diese Pokerspiele mitorganisiert, aber mit dem herbeigeschafften Kokain nichts zu tun. Er war keinesfalls Mitglied einer kriminellen Vereinigung!“
Bezogen wurde das Suchtgift teils aus Italien. Ein erst flüchtiger Italiener, der die Runde mit zumindest 600 Gramm Kokain versorgt hatte, konnte nach einem Europäischen Haftbefehl Willams jedoch nunmehr in seiner Heimat dingfest gemacht werden. Italien hat den Mann bislang noch nicht ausgeliefert.
Anhang:
- Prozess um Pokernächte mit Kokainstraßen in Innsbruck und Völs (pdf), Tiroler Tageszeitung, 06.01.2021