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Gewinn / Reportage: Inside Novomatic

Novomatic, Bild © Erich Hussmann, via Wikimedia Commons / Logo Novomatic AG, Public domain, via Wikimedia Commons

Für GEWINN hat der Glücksspielgigant aus Gumpoldskirchen in Niederösterreich die zuletzt Medien gegenüber eher verschlossenen Türen geöffnet, um sich als innovativer Tech­nologiekonzern, wichtiger Arbeitgeber und bedeutender Wirtschaftsfaktor zu präsentieren.

Eines vorneweg: Man kann für oder gegen Glücksspiel sein, Spielerschutz und klare Gesetze sind jedenfalls immens wichtig. Fakt ist aber auch, dass es Glücksspiel seit Tausenden von Jahren gibt und es Teil der globalen Freizeitindustrie ist. Also kann man auch ein wenig stolz sein, wenn ein Unternehmen aus Öster­reich in diesem Bereich zur absoluten Weltspitze zählt. Das ist jedenfalls die Botschaft, die Novomatic wieder mehr in den Vordergrund rücken möchte, erklärt uns Stefan Krenn, Director Group Marketing & Communications:

„Novomatic hat sich in den mehr als 40 Jahren ihrer Unternehmensge­schichte zu Europas führendem Ga­mingtechnologiekonzern entwickelt, der Casinos auf der ganzen Welt mit Hightechprodukten made in Austria ausstattet.“

Bevor wir aber das zu hören be­kommen, werden wir in einem Foyer empfangen, das schon ein wenig die Dimensionen erahnen lässt, in denen sich Novomatic als Konzern bewegt. Marmor, Lichtinstallationen und eine Rezeption wie auf einem Kreuzfahrt­schiff prägen das Ambiente. Nach der Registrierung begrüßt uns Alexandra Lindlbauer aus der Konzernkommu­nikation. Bewaffnet ist sie mit einem Notizbuch, in dem sie sich die letzten Zahlen frisch notiert hat, die zeigen, wie groß Novomatic tatsächlich ist.

 

Über 95 Prozent Fertigungstiefe

Gumpoldskirchen ist jedenfalls nicht nur Headquarter für die weltweit aufgestellte Novomatic AG, sondern auch ein zentraler Produktionsstand­ort. Und genau dorthin führt uns Lindlbauer als Erstes. Auf über 350 Metern Länge erstreckt sich der Gang, an dem sich die einzelnen Schritte der Fertigung von Spielauto­maten von der Leiterplatte über die Baugruppenfertigung bis zum Assembling, also dem Zusammensetzen der einzelnen Komponenten des Geräts, den letzten Test und die Auslie­ferung in Form von Abteilungen oder „Hubs“ aneinanderreihen. Die Ferti­gungstiefe der Geräte beträgt über 95 Prozent, weshalb es in Gumpolds­kirchen neben einer eigenen Schlos­serei auch eine eigene Kunststofffer­tigung und eine der größten Tischlereien Niederösterreichs gibt. Sogar die in den Glücksspielgeräten verbauten Kabel werden in einem eigenen Werk in Ungarn selbst produziert. Ange­sichts der aktuellen Lieferprobleme vieler Unternehmen macht das Sinn. Vor allem, wenn man erfährt, dass No­vomatic pro Jahr 9.000 Kilometer da­von benötigt. Zugekauft werden etwa die Bildschirme, was Novomatic nach Mediamarkt zum größten Importeur von Screens in Österreich macht.

In Gumpoldskirchen werden ins­besondere die Platinen, quasi das Ge­hirn der Glücksspielgeräte, produziert. Daher führt uns der Weg zu Jürgen Miehl, Leiter der Abteilung Electro­nics, die neben der Fertigung auch deren Überprüfung durchführt. Die dafür nötige Software wird von Novo­matic selbst entwickelt. Miehl:

,.Das ist nicht nur das Herzstück, der Motor des Gamingterminals, hier steckt auch die Sicherheit drin. Und das ist der Grund, warum wir die Platinen hier im Haus fertigen und sie auch hier programmiert werden.“

Fast eine Million Leiterplatten

Entsprechend heikel ist man hier mit Fotos. Bei den vier Bestückungslinien herrscht nämlich gerade Hochbetrieb. Miehl:

„Eine Bestückungslinie besteht immer aus einem Siebdrucker, mit dem die Lotpaste auf die Platine auf­getragen wird, dann erfolgt eine Lot­pasteninspektion. Viele Bauteile ha­ben die Anschlüsse auf der Unterseite, die man optisch nicht mehr sieht. Also müssen wir vorher checken, ob genug Lot da ist, um die Verbindung herzu­stellen.“

Nach der Inspektion, ob ge­nug „Kleber“ da ist, folgen die unter­schiedlichsten kleinen Bauteile. Der Bestückungsautomat wählt selbst­ständig aus, was er braucht. Laut Miehl kann dieser bis zu 240.000 Bau­teile pro Stunde bestücken. Wie viele Leiterplatten tatsächlich produziert werden, hängt von der Auftragslage ab, so Miehl:

,,Die Jahre vor Corona waren starke Jahre. Da haben wir rund 1,7 Millionen Leiterplatten im Jahr produziert. 2020 waren es na­türlich weniger, im Durchschnitt kommen wir derzeit auf 800.000 bis 900.000 Leiterplatten pro Jahr.“

Eigene Tischlerei baut Ausstattung

Kurz schauen wir noch im erst kürz­lich neu gestalteten Showroom vorbei, wo auf über 500 Quadratmetern die neuesten Innovationen ausgestellt sind. Dort wartet bereits Andrea Lehner vom Produktmarketing auf uns. Sonst kommen hierher interna­tionale Kunden, Vertriebspartner und Vertreter der Tochtergesellschaften, um neue Geräte, neue Installationen oder neue Verkaufskonzepte kennen­zulernen.

,.Alles, was hier an Einrich­tungselementen zu sehen ist, inklusi­ve der Wandpaneele und bis hin zum Luster, der aus 2.000 Ketten besteht, wurde von unserem Interior Design Department entworfen“,

berichtet Lehner,

„ursprünglich war das die Tischlerei.“

Warum ein Gamingkon­zern eine Tischlerei hat, wollen wir wissen.

„Weil früher die Glücksspiel­gehäuse aus Holz waren“,

so Lehner. Heute wird dort die Ausstattung für Casinos hergestellt. Somit kann Novo­matic Barhocker, Tische, Verkleidun­gen oder ganze Rezeptionen innerhalb kürzester Zeit maßgeschneidert auch selbst liefern.

Hightech meets High Security

Noch wichtiger bleibt aber die Hard- ­und Software für einen Gaming-Floor, weshalb Lehner uns zu einem zentral in der Mitte befindlichen Turm führt, der nur aus Bildschirmen zu bestehen scheint. Das ist der „Diamond X in der Variante 2.32“ erklärt sie uns mit einem nicht zu verleugnenden Stolz.

„Heißt, das sind zwei 32 Zoll große Game-Screens, übereinander. Dar­über ist ein Topper, über den auch un­abhängig vom Spiel Content angezeigt werden kann.“

Außer den Spielen ist auf diesem Gerät auch das „Novomatic Biometrie System“ installiert. Über die Abfrage biometrischer Daten wird aktiver Spieler- und Jugendschutz gewährleistet.

Jetzt wollen wir aber doch wissen, was aus dem guten alten Roulette ge­worden ist. Und auch hier kommt die fortschreitende Technologisierung ohne den traditionellen Croupier aus. Ein Roulettetisch 2.0 ist die Fusion aus traditionellem Roulettekessel und überdimensionalem elektronischem Terminal. Während die Kugel voll­automatisch über Druckluft in Bewe­gung gesetzt wird, übertragen Kame­ras deren Lauf auf Terminals, über die auch die Einsätze platziert werden können. Und beim „Flying Roulette“ sind Kessel und Kugel sogar komplett virtuell. Lehner:

,,Die Kesselzahl, die gezogen wird, gilt dann für alle Termi­nals, die angeschlossen sind. Und die müssen nicht einmal am selben Stand­ort sein.“

Novomatic als Arbeitgeber

Da wir auch im Showroom die Zeit etwas übersehen haben, geht es nun im Eilschritt mehrere Stockwerke hö­her in einen Besprechungsraum, wo wir Stefan Krenn, verantwortlich für Marketing und Kommunikation, und Klaus Niedl, Chef der globalen Perso­nalabteilung, treffen. Von Niedl wollen wir natürlich wissen, wie sich Novo­matic als Arbeitgeber tut und ob man die vielen unterschiedlichen Berufe, die man in Gumpoldskirchen braucht, hierzulande überhaupt noch findet. Niedl:

,,Aufgrund des Umfelds, etwa mit der HTL Mödling, haben wir hier noch einen guten Zulauf. Außerdem investieren wir viel in die Arbeitgeber­marke. Zum Beispiel haben wir einen eigenen Digitalisierungscluster, um so die Leute zu uns zu bekommen, die dann sehen, dass Novomatic ein bo­denständiger Arbeitgeber ist, der zu­dem global aufgestellt ist und interes­sante Jobs bietet.“

Das Portfolio reicht von Mathematikern und Soundinge­nieuren über Grafiker, Gamedesigner und Softwareentwickler bis hin zu Produktionsmitarbeitern, kaufmän­nischen Angestellten und Technikern. Dazu kommt ein umfassendes Aus-­und Weiterbildungsangebot, das mit dem ersten Arbeitstag startet, so Niedl:

„Da waren wir sicher Vorreiter in der Industrie, haben sehr früh auf Digitalisierung gesetzt und eine eige­ne Onlinebibliothek entwickelt, weil wir teilweise auch sehr spezifische Themen haben.“

Novomatic bildet aber auch selbst aus und hat für Softwareentwickler mit Unterstützung der FH St. Pölten etwa eine eigene Coding-Academy gegründet. Aber auch hier gibt es ne­ben einem Führungskräfteprogramm auch noch ganz spezielle Ausbildun­gen. Niedl:

„Niemand in Europa bildet Manager für Casinos aus. In Las Vegas gibt es dafür sogar eine eigene Univer­sität. Also haben wir ein eigenes Pro­gramm aufgesetzt, wo wir die Leute ausbilden und auf die Spezifika der Glücksspielindustrie vorbereiten.“

Mitarbeiter bleiben gerne lang

Und wenn die Leute einmal bei Novo­matic sind, wollen sie offensichtlich nicht mehr weg.

,,Unsere Fluktua­tionsrate liegt unter drei Prozent und die durchschnittliche Zugehörigkeits­dauer beträgt fast zwölf Jahre. Das ist im Vergleich mit anderen Bran­chen überdurchschnittlich“,

so Niedl.

Krenn ergänzt:

,,Das kann man nur erreichen, wenn die Arbeitskultur stimmt.“

Und weiter meint er:

,,Dass es sich beim Glücksspiel um eine sen­sible Dienstleistung handelt, ist uns sehr wohl bewusst. Deshalb ist es für uns auch so wichtig, dass wir aus­schließlich in regulierten Märkten mit klaren gesetzlichen Rahmenbedingungen tätig sind.“

Dass Novomatic dieses Thema ernst nimmt, belegen Auszeichnungen wie das „G4-Zerti­fikat“, der weltweit anerkannteste Standard für Spielerschutz.

Wirtschaftsfaktor Novomatic

Und weil es gerade um die Wahrneh­mung in der Öffentlichkeit geht, ver­weist Krenn auch noch auf den unter­schätzten Wert von Novomatic als bedeutender Wirtschaftsfaktor:

„Mit einer Exportquote von 97 Prozent er­wirtschaftet Novomatic beinahe die gesamten Erlöse im Ausland, dennoch ist das globale Headquarter nach wie vor in Österreich.“

Und das ist gut so, denn tatsächlich ist Novomatic einer der großen Steuerzahler hierzulande. Laut einer Erhebung des Wirtschafts­forschungsinstituts Economica, die noch vor der Coronapandemie durch­geführt wurde, trug das Unternehmen jährlich unmittelbar und mittelbar rund 385 Millionen Euro zum Steuer- ­und Abgabenaufkommen in Öster­reich bei. Das entspricht mehr als dem Gesamtaufkommen der Fremdenver­kehrsabgabe sowie der Werbeabgabe in Österreich. Darin nicht berücksich­tigt sind die Effekte, die Novomatic bei anderen Unternehmen auslöst. So ist laut der unabhängigen Studie allein in Niederösterreich jeder 94. Euro, der erwirtschaftet wird, unmittelbar oder mittelbar auf Novomatic zurückzu­führen, und in ganz Österreich ist es immer noch jeder 208. Euro.

Und daran wird sich so bald wenig ändern. Erst kürzlich wurde für den Standort Gumpoldskirchen die Er­richtung einer der größten Photovol­taikanlagen in Niederösterreich be­schlossen. Eine Investition im Millio­nenbereich, wie Krenn uns noch ab­schließend verrät:

,,Novomatic hat in den letzten Jahren keine Dividende an die Gesellschafter ausgeschüttet, son­dern den Gewinn in das Unternehmen reinvestiert. Allein in den ersten sechs Monaten 2022 betrugen die Investitio­nen über 100 Millionen Euro. Darum sind wir auch gut durch die Krise ge­kommen und können jetzt auch hier in Gumpoldskirchen investieren – et­wa in die Entwicklung neuer Produkte und in Green Energy.“

Quelle:

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