Da sich die Regierung nicht auf eine Gesetzesnovelle einigen konnte, startet das Finanzministerium die Vergabe nach den alten Regeln – mit einer Online-Lizenz.
Wien. Seit Jahren wird über eine Neuregelung der heimischen Glücksspielgesetzgebung diskutiert. Seit drei Jahren liegt auch bereits ein fertiger Ministerratsantrag vor, wie er auch im Regierungsprogramm der türkis-grünen Koalition vorgesehen war. Dennoch konnten sich die Koalitionspartner bisher nicht auf eine endgültige Gesetzesnovelle einigen. Am Freitag schuf das Finanzministerium nun Fakten und startete laut „Presse“-Informationen den Vergabeprozess für die nächsten Glücksspiel-Lizenzvergaben. Diese sollen nun nach dem bestehenden Gesetz erfolgen, also weiterhin mit nur einer Lizenz für Lotterien und einer für Online-Glücksspiel sowie zwölf weiteren für Spielbanken (Casinos).
Die aktuellen Lizenzen, die allesamt von den Casinos Austria beziehungsweise den zu ihr gehörenden Lotterien gehalten werden (darüber hinaus gibt es noch Lizenzen mehrerer Bundesländer für Automatencasinos) beginnen zwar erst per Ende September 2027 abzulaufen. Aufgrund des langen Fristenlaufs von in Summe 45 Monaten (hierbei sind auch die Fristen für Einsprüche vor den verschiedenen gerichtlichen Instanzen eingerechnet) sei es allerdings notwendig, bereits jetzt mit dem Vergabeprozess zu beginnen, heißt es.
Gegenseitige Vorwürfe in der Koalition
Dem Vernehmen nach teilte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) seinen Unmut über die jahrelange Pattsituation mit. So macht die ÖVP den Unwillen des Koalitionspartners für das Scheitern der Novelle verantwortlich. Bei den Grünen wiederum stößt dies auf Unverständnis. „Wir sind verhandlungsbereit. Man könnte das Problem noch lösen“, sagt die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer. Die ÖVP habe erst im September einen völlig neuen Vorschlag gelegt und auf Terminvorschläge für Verhandlungen nicht reagiert.
Konkret spießt es sich vor allem an der Frage der Limits bei Spielautomaten. Die Grünen plädieren hier für deutlich geringere Maximaleinsätze als von der ÖVP vorgeschlagen, um den Spielerschutz zu erhöhen. Die ÖVP wiederum argumentiert damit, dass zu niedrige Limits laut Experten nur dazu führen würden, dass Glücksspiel in die Illegalität abwandert.
Unter dem Strich bedeutet dies für Österreich wohl ein Fortbestehen der paradoxen Situation, dass vor allem im Onlinebereich der einzige offiziell zugelassene Anbieter – die zu den Casinos Austria gehörende Win2day – nur etwa ein Viertel bis die Hälfte des gesamten Marktes auf sich vereinen kann, der für 2022 auf über 410 Mio. Euro geschätzt wurde. Der Rest entfällt mehrere hundert nicht zugelassene, aber dennoch tätige Onlinecasinos, die in der Regel auch Steuern an den Fiskus abführen.
Für diese Onlinecasinos hätte es im Rahmen einer Novelle mehr Lizenzen geben sollen. Dafür hätten jene ohne Lizenz mittel IP-Blocking gesperrt werden sollen.
Quelle:
- Finanzministerium startet Vergabeprozess für Glücksspiel-Lizenzen, diepresse.com, 23.02.2024