Der Markt für Online-Glücksspiele boomt – einschließlich des Schwarzmarktes machen die Anbieter Milliarden-Umsätze. Steigt durch die geplante Legalisierung die Suchtgefahr?
Im Internet Poker spielen, Online-Sportwetten abschließen, in virtuellen Casinos zocken – ab Juli 2021 soll das bundesweit legal werden. Im Ringen um eine Regulierung des Online-Glücksspielmarkts haben sich die Bundesländer nach jahrelangen Debatten auf einen gemeinsamen Ansatz geeinigt. Eine neue Aufsichtsbehörde soll die Anbieter kontrollieren.
„Wir möchten dem illegalen Wetten und Zocken endlich Einhalt gebieten, damit das Glücksspiel in Deutschland wieder in geregelte Bahnen geleitet wird“ sagte Hessens Innenminister Peter Beuth bereits im vergangenen Jahr zum geplanten Glücksspielstaatsvertrag. Dem illegalen Zocken Einhalt gebieten, indem man es legalisiert und trotzdem die Spielsucht bekämpfen – kann das funktionieren?
Experte: Suchtgefahr hängt von Werbung ab
Zumindest schafft die Legalisierung eine Möglichkeit der Kontrolle. Der Staatsvertrag regelt beispielsweise die Möglichkeiten der Werbung für Online-Glückspiele. Und auch Tilman Becker, Leiter der Forschungsstelle Glücksspiel an der Universität Hohenheim, sagt:
„Die Suchtgefahr steigt nicht, wenn das, was vorher illegal stattgefunden hat, nun legalisiert wird. Die Suchtgefahr hängt davon ab, wie die Werbung für Glücksspiel reguliert wird.“
Je mehr Werbung, desto größer also die Zahl der Süchtigen, „weil neue Käuferschichten ans Glückspiel herangeführt werden“, fasst Becker zusammen. Als Beispiel nennt er Italien: Dort waren der Glücksspielmarkt und die Werbung zunächst liberalisiert worden, die Umsätze der Glücksspielindustrie stiegen – und auch die Zahl der Süchtigen. Nach Protesten verbot Italien dann im Sommer 2018 die Werbung für Glücksspiel komplett, als erstes Land der EU überhaupt. Mit der Einigung ist Becker grundsätzlich zufrieden.
Rundfunkwerbung soll nur nachts erlaubt werden
Der Staatsvertrag will Werbung für Online-Glückspiele wie Poker oder Automatenspiel in gewissen Grenzen zulassen: in Rundfunk und Internet beispielsweise nachts zwischen 21 und 6 Uhr. Generell erlaubt wird aber wohl Sponsoring oder Werbung auf Banden in Sportstadien.
Zum Schutz von Spielern und finanziellen Folgen von Spielsucht sollen die Einzahlungen limitiert werden, und zwar auf 1.000 Euro pro Monat. Mit möglichen Gewinnen kann aber ohne Anrechnung auf das Limit gespielt werden.
Sperrdatei für Zocker geplant
Eingeführt werden soll außerdem eine Sperrdatei. Darin sollen künftig Zocker mit Selbst – oder Fremdsperre erfasst werden. Suchtexperten hatten eine solche Datei schon länger gefordert. Dies betrifft etwa Online-Casinos, Online-Poker und Sportwetten.
Die Sperrdatei soll bei einer eigens gegründeten, zentralen Aufsichtsbehörde liegen, die Wettanbieter sollen verpflichtet werden, die Daten und Wetten ihrer Kunden dort zu melden.
„Länder beweisen Handlungsfähigkeit“
Der Entwurf enthält zudem zahlreiche weitere Vorgaben für die Anbieter bei den einzelnen Wettvarianten, etwa zu Höchsteinsätzen pro Automatenspiel. Auch bestimmte Formen der Sport-Ereigniswetten, bei denen die Gefahr von Manipulationen besonders hoch ist, sollen generell verboten bleiben.
Der Staatsvertrag sichere ein ausreichend attraktives Angebot, um „die Kanalisierung des Glücksspiels in den legalen Markt zu sichern“, erklärte der Chef der Kieler Staatskanzlei, Staatssekretär Dirk Schrödter (CDU), zu der Einigung. Die Länder bewiesen damit Handlungsfähigkeit. Es gebe nun ein „gutes Ergebnis“.
Quelle:
- Zocken im Internet – Höhere Suchtgefahr durch Legalisierung?, zdf.de, 22.01.2020