Ein Artikel von Rechtsanwalt Arthur Stadler und Rechtsanwalt Reinhard Schweng
In der noch nicht veröffentlichten Entscheidung zu 1 Ob 176/22x hat der Oberste Gerichtshof („OGH“) der außerordentlichen Revision des Klägers nicht Folge gegeben. Der OGH hat die Entscheidungen der Vorinstanzen vollumfänglich bestätigt, dass kein Rückforderungsanspruch aus Verlusten bei Online-Sportwetten eines Wettkunden aus der Steiermark („Kläger“) gegenüber einem Wettunternehmen mit Sitz in der EU („beklagte Partei“) besteht, das über keine nationale Lizenz verfügt. Die beklagte Partei hat somit – wie bereits in erster und zweiter Instanz – in dritter Instanz zur Gänze obsiegt. SV.LAW hat die beklagte Partei von Beginn an vertreten, bis zum nunmehrigen Abschluss des Verfahrens in dritter Instanz.
Richtungweisend und bedeutend ist der folgende Rechtssatz, den der OGH selbst in seiner Entscheidung formuliert:
„Das Steiermärkische Wettengesetz 2018 regelt nur das Anbieten, den Abschluss und die Vermittlung von Wetten und die Vermittlung von Wettkunden durch ein im Landesgebiet gesetztes Verhalten des Wettunternehmers. Sportwetten, die ein Wettunternehmer von einem Standort außerhalb des Landesgebiets über das Internet anbietet, sind davon nicht erfasst.“
Zu diesem Rechtssatz gelangt der OGH nach folgender Erörterung: Der OGH hat sich – auffallend sorgfältig überlegt – für eine enge Auslegung des Steiermärkischen Wettengesetzes („StWttG„) im Sinne des verfassungsrechtlichen Territorialitätsprinzips entschieden. Diese Auslegung wird sich unseres Erachtens grundsätzlich auch auf andere vergleichbare Konstellationen sowie in Hinblick auf Wettengesetze der österreichischen Bundesländer auswirken. Nach ausführlicher Auseinandersetzung mit Lehre und rechtsvergleichender Betrachtung kommt der OGH zum Ergebnis, dass das StWttG nur auf die Steiermark und ausschließlich auf eine Tätigkeit als Wettunternehmer in physischer Präsenz anzuwenden ist. Im StWttG werden – laut OGH – Online-Wetten eben nicht explizit geregelt; ein anderer Inhalt dürfe dem Gesetz nicht unterstellt werden. Über den Wortlaut des Gesetzes hinaus gibt es nach Ansicht des OGH für einen anderen Willen des Gesetzgebers „nicht den geringsten Anhaltspunkt„. Für eine derartige Annahme hätte es gegenständlich einer ausdrücklichen Regelung benötigt. Laut OGH regelt das StWttG nur das Anbieten, den Abschluss und die Vermittlung von Wetten durch ein im Landesgebiet gesetztes Verhalten. Sportwetten, die ein Wettunternehmer von einem Standort außerhalb des Landesgebiets über das Internet anbietet, fallen nicht darunter; darin liegt kein Ausüben einer Wetttätigkeit „im Sinne des Gesetzes“.
Aus diesen Überlegungen resultiert die Nichtanwendbarkeit des StWttG auf diese Form der Tätigkeit als Wettunternehmer. Zutreffenderweise kommt der OGH zu folgendem Ergebnis:
„Das Anbieten und die Annahme von Online-Sportwetten durch die Beklagte ohne Bewilligung nach diesen Bestimmungen begründet damit auch keine Nichtigkeit des Wettvertrags im Sinn des § 879 Abs 1 ABGB.“
Abschließend sah der OGH überdies keine geeignete Grundlage für eine sonstige Analogie des StWttG oder für die Anwendung von allfälligen Schutz- und Sorgfaltsvorschriften, welche im Laufe des Verfahrens behauptet wurden.
Im Gegensatz zum Glücksspiel (Glücksspielmonopol gemäß § 3 GSpG) gibt es – zusammengefasst – keine bundeseinheitliche Regelung von Wetten. Vielmehr gilt, dass das jeweilige Landesgesetz zu beachten ist. Liegen Online-Wetten vor und verfügt der Wettunternehmer über keine physische Präsenz im Bundesland, so fällt – wie im gegenständlichen Fall – dieser Sachverhalt nicht in den Anwendungsbereich des Landesgesetzes (hier: StWttG). Weder im StWttG selbst noch in den Materialien wird auf Online-Wetten Bezug genommen oder der räumliche Anwendungsbereich dieses Gesetzes konkretisiert. Der Rechtsansicht des OGH sowie der Vorinstanzen stimmen wir diesbezüglich unbedingt zu.
Quelle:
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Oberster Gerichtshof bestätigt: Verluste aus Online-Sportwetten nicht rückforderbar, isa-guide.de, 28.02.2023