zu Armin Thurnher, „Das privatisierte Glücksspiel, ein Beispiel für das Versagen des Staates“ im Falter 19/11
[[image1]]Armin Thurnher beklagt in seinem Beitrag das „Ende des staatlichen Glücksspielmo-nopols“ und ortet darin einen moralischen Staatsbankrott. Die Gründe, die Armin Thurnher dafür anführt, teilt die Plattform Spieler-Info.at. Der Schutz von Spielsüchtigen vor der Ausbeutung von Spiellust sollte gestärkt werden. Es ist im Interesse der Allgemeinheit, die Folgen der Spielsucht hintanzuhalten. Auch Spieler-Info.at setzt sich seit Langem dafür ein, dass staatliche Maßnahmen gesetzt und die vorhandenen Maßnahmen ergriffen werden, um die Bedrohung und Vernichtung von Existenzen zu verhindern. Spielerschutz sollte bei der Regelung des Glücksspiels auf rechtlicher Ebene, wie auch bei faktischen Maßnahmen unbedingt Priorität genießen.
Es ist allerdings notwendig, einige Fakten zu korrigieren, von denen Armin Thurnher in seinem Beitrag ausgeht. Das österreichische Glücksspielmonopol ist in § 3 des Glücksspielgesetzes (GSpG) geregelt und befindet sich dort seit der Erlassung des aktuellen GSpG mit Bundesgesetzblatt Nr. 620/1989 unverändert mit folgendem Wort-laut: „Das Recht zur Durchführung von Glücksspielen ist, soweit in diesem Bundesge-setz nichts anderes bestimmt wird, dem Bund vorbehalten (Glücksspielmonopol)“. Das schon unter der Regierung von Joseph II. geschaffene exklusive Recht des Staates zur Veranstaltung von Glücksspielen (Lotteriepatent vom 21.10.1787) findet sich nicht nur nach wie vor im österreichischen Glücksspielgesetz (in der eben zitierten Form des Glücksspielmonopols), die Beibehaltung eines staatlichen Monopols im Glücksspielbe-reich ist auch vom Europäischen Gerichtshof mehrfach als zulässig bestätigt worden (zuletzt in einem Urteil vom 8.9.2010, Rs C-316/07 u.a.). Weder die EU, noch der österreichische Gesetzgeber haben das Glücksspielmonopol also beseitigt.
Davon zu trennen ist die Frage, wer dieses Monopol wirtschaftlich nutzen und verwalten darf und dies offenbar meint Armin Thurnher, wenn er von einer „Privatisierung des Glücksspiels“ spricht. Auch hier gab es in letzten Jahrzehnten jedoch keine Neuerungen. Nicht nur von 1751 bis 1787 war das Recht von Veranstaltung von Glücks-spielen in Österreich an Private verpachtet, auch das aktuelle Glücksspielgesetz sieht die Möglichkeit der Übertragung von Konzessionen zur Durchführung von bestimmten Glücksspielen vor. Dem Staat ist es also vorbehalten, Glücksspiele selbst durchzufüh-ren oder das Recht zur Durchführung von Glücksspielen an Unternehmen, die be-stimmte, gesetzlich geregelte Voraussetzungen erfüllen, zu übertragen. Daran hat sich, ebenso wie am Glücksspielmonopol, nichts geändert.
Genauso wenig wie daran, dass die Konzessionäre, die das Recht zur Bewirtschaftung des Monopols vom Bund übertragen erhielten, privatrechtlich organisierte Kapital-gesellschaften sind, an denen die öffentliche Hand nicht die (absolute) Mehrheit hält. Die aktuelle Eigentümerstruktur der Casinos Austria AG, der derzeit das Recht zur Veranstaltung Casinospielen übertragen ist, weist als Anteilseigner die Münze Öster-reich AG, die Medial Beteiligungs-GmbH, die MTB Privatstiftung, die Bankhaus Schelhammer & Schattera AG, die Privatstiftung Dipl.-Ing. Melchart, Dkfm. Dr. Leo Wallner und einen geringen Streubesitz (von 5%) aus. Mittelbar (über die Medial Betei-ligungs-GmbH) sind die DVS Donau-Versicherung-Vermittlung- und Service GmbH, die Leipnik-Lundenburger Invest Beteiligungs AG, die UNIQA Beteiligungs-Holding GmbH, die Bankhaus Schelhammer & Schattera AG und die Casinos Austria AG beteiligt. Hin-ter der MTB Privatstiftung, die immerhin 16% der Aktien der Casinos Austria AG hält, steht eine private Person, nämlich Frau Maria Theresia Bablik. Der Bund hält also nur die relative Mehrheit der Aktien des Casinos-Konzessionärs.
Der Konzessionär für die übrigen dem Glücksspielmonopol unterliegenden Glücksspie-le, nämlich Zahlenlotto, elektronische Lotterien etc. (§ 14 Glücksspielgesetz), die öster-reichische Lotterien GmbH weist als Aktionäre die Casinos Austria AG, die Lotto-Totto Holding GmbH und die ÖLG Holding GmbH aus. Mittelbar sind am Lotterienveranstalter der ORF, die BAWAG P.S.K., die österreichische Volksbanken AG, die RZB Holding, die Bankhaus Schelhammer & Schattera AG und andere Finanzdienstleister beteiligt.
Fazit: Beide aktuellen Konzessionäre für Glücksspiel in Österreich (weitere Konzession stehen aufgrund der zahlmäßigen Beschränkung der Konzessionen nicht zur Verfü-gung) werden längst von Privaten gehalten. Das ist aber nicht neu. Wenn Armin Thurnher darin eine Privatisierung des Glücksspiels sieht, kommt er um viele Jahre zu spät.
Wenn die Stellungnahme von Armin Thurnher die jüngste Änderung der Rechtslage im Automatenglücksspiel betrifft, tut gleichzeitig eine Analyse des österreichischen Bundes-Verfassungsrechts not. Dem Bund kommt die Kompetenz zur Erlassung von Monopolen zu, nicht aber generell zur Regelung von Glücksspielen. Der Bund kann daher nur das Glücksspielmonopol und dessen Grenzen festlegen. Seit jeher außerhalb des Monopols befanden sich Sportwetten und das sogenannte „kleine Glücksspiel“. Dieses zu regeln oblag daher den Ländern. Hatten sich von diesen nur wenige (Wien, Steiermark, später auch Kärnten und zuletzt Niederösterreich) dazu entschlossen, das Glücksspiel mit Automaten, bei denen ein Einsatz von höchstens EUR 0,50 und ein Gewinn von höchstens EUR 20,00 möglich war, zuzulassen, setzten die meisten anderen Länder nur unzureichend Maßnahmen zur Einwendung des verbotenen Angebots von Glücksspielen mit Automaten – oft auch unter dem Eindruck des Online-Glücksspielangebots, das mit der Begründung einer angeblich europarechtlich bedenk-lichen Rechtslage in Österreich weitgehend unbehelligt blieb (obwohl eine Rechts-grundlage in Österreich dafür nach wie vor fehlt).
Dass es dem Bund nicht möglich war, das Automatenglückspiel zu regeln, liegt also am förderalen System unserer Bundes-Verfassung. Der Bundesgesetzgeber konn-te daher nur Regelungen treffen, die das Automatenglückspiel in den Ländern eingrenzt und dafür Vorgaben festsetzt, die von den Ländern zu berücksichtigen sind. Genau dies hat er mit dem Glücksspiel-Paket im Jahr 2010 getan.
Nun kann man darüber streiten, ob dieser Versuch, das Glücksspiel mit Automaten besser zu regeln, gelungen ist, Tatsache ist es aber, dass umfassende Spielerschutz-maßnahmen erlassen wurden, die Glücksspielautomaten nunmehr mit dem Finanzmi-nisterium vernetzt sind und die Überwachung somit verbessert wurde. Dass bestimmte Unternehmen bei der Gesetzwerdung ihre Interessen durchsetzen versuchten, liegt am politischen System insgesamt, nicht aber spezifisch im „Wettbewerbswahn der EU“ oder gar dem Wunsch, die staatlichen Monopole zu beseitigen. Ganz im Gegenteil: Mit der Regelung sollte das Glücksspiel besser in den Griff bekommen werden.
Auch Spieler-Info.at hat Zweifel, dass die erfolgte Umsetzung der beste Weg war, vieles hätte deutlicher, klarer und besser geregelt werden können. Ein erster Schritt ist aber getan. Tatsache ist nämlich auch, und das übersieht Armin Thurnher, dass der Spieltrieb und der Wunsch des Menschen nach Glücksspielen offensichtlich nicht durch Verbote unter Kontrolle gebracht werden kann. Daher ist es, und hier stimmt Spieler-Info.at dem Europäischen Gerichtshof zu, besser, die Spielleidenschaft in legale Bahnen zu kanalisieren.
Auch wenn die Angelegenheit, um eine Anleihe bei einem ehemaligen Bundeskanzler zu nehmen, sehr kompliziert ist, Spieler-Info.at hätte gerade von Armin Thurnher er-wartet, dass sich dieser weniger oberflächlich mit der Materie auseinandersetzt, son-dern sorgfältig recherchiert. Ein Blick auf unsere Website hätte da schon sehr geholfen.