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Illegales Automatenglücksspiel in Österreich

Illegales Automatenglücksspiel in ÖsterreichDer weltweit größte, mehr als 30 Jahre dauernde, unfreiwillige „Feldversuch“ zum Thema „totales Verbot des sogenannten Kleinen Glücksspiels“ geht in seine Schlussphase. Die Absicht war, wie oft in der Politik, reinen Gewissens, edel und absolut: „Die Bevölkerung muss vor einem möglichen Laster und seinen dramatischen Folgen radikal geschützt werden!“


Die Denkschule war damals, wie auch hin und wieder heute, scheinbar ohne Alternative: Man muss der Bevölkerung die Gelegenheit zum Automatenspiel nehmen. Also das Angebot von Geldspielautomaten hundertprozentig eliminieren. Mit einem schlichten, ohne großen Aufwand zu erstellenden und ohne Probleme mehrheitlich zu beschließenden Verbotsgesetz kann diesem hehren Wunsch entsprochen werden.

Seit mehr als 30 Jahren haben die Bundesländer Salzburg, Tirol und Vorarlberg sowie bis vor kurzem Niederösterreich und das Burgenland das sogenannte „Kleine Glücksspiel“, also das Spiel an Geldspielautomaten, in Gasthäusern, Spielhallen und Tankstellen verboten.

30 Jahre lang haben weder Politik noch Medien (mit kleineren Ausnahmen) in diesem sogenannten Verbots-Ländern das Thema Automatenglücksspiel auf ihre Agenda gesetzt. Schließlich gab es das Thema offiziell auch nicht mehr. Die Frage des schädlichen Einflusses von illegalen Geldspielgeräten konnte es eigentlich gar nicht mehr geben. Die Geräte waren – so die Meinung von Politik und Öffentlichkeit – schlicht und einfach nicht vorhanden, weil eben verboten.

In diesem machtfreien Biotop des Automatenverbotes gedieh in den letzten 30 Jahren die

illegale Geldspielautomatenindustrie

prächtig und entwickelte sich zu einem allzeit Cash bringenden und Cash zahlenden Wirtschaftszweig.

Nachdem weder die Casinos Austria AG bzw. die Österreichischen Lotterien noch die Novomatic Industrie bereit und Willens waren, in die „Verbots-Märkte“ Know How oder gar technisches Gerät zu liefern, entwickelten sich bereits in den 80-iger Jahren zuerst kleine, oftmals in den Hinterhöfen und Garagen etablierte „Automatenstricker“ mit Selbstbauspielprogrammen und fast immer aus der Tschechoslowakei importieren Gerätegehäusen.

Das Assembling von Programm und Hardware hatte vom Start weg einen Riesenvorteil: Nur der Koch weiß, was wirklich in der Suppe ist. Die besonders in Oberösterreich und der Steiermark entstandenen Kleinserienerzeuger konnten mit viel Fantasie Spielprogramme unkontrolliert entwickeln, mit denen sie die Taschen der Spieler ungestört von jeder behördlichen Kontrolle aussaugen konnten.

Zwar gab es bereits in den 80-iger und 90-iger Jahren – wie auch heute noch – immer wieder Beschlagnahmen wegen Nachbaus oder Kopien von Spielprogrammen, doch nennenswerte Aktionen der Behörden wegen illegalem Glücksspiel fanden nicht statt.

In den Verbotsländern Salzburg, Tirol und Vorarlberg sowie bis vor kurzem Niederösterreich (bis zum Inkrafttreten des NÖ Spielautomatengesetzes 2011 am 8. April 2011) und dem Burgenland, konnten diese großteils im Verborgenen tätigen kleinen Automatenerzeuger mit ihren selbstgestrickten Geräten in vertikaler Marktdurchdringung – also von der Erzeugung bis zum Betrieb der Geldspielgeräte – eine hohe Wertschöpfung erreichen.

Waren es in den 80-iger und 90-iger Jahren zuerst „Holzkistl-Automaten“ mit elektronischen Schmalspurprogrammen, so entwickelten sich diese aufgrund des sich ungeheuer rasch amortisierenden Investments (ein neugebautes und am Markt eingesetztes Gerät machte sich oft binnen Wochen oder weniger Monate zu 100 % bezahlt) wie Metastasen im Körper eines kranken Menschen.

Die Politik, die Behörden, die gesamte Öffentlichkeit, ja auch die legalen Anbieter sahen 30 Jahre lang stillschweigend zu, wie sich in diesen Verbots-Ländern das Krebsgeschwür der illegalen Geldspielautomaten verbreitete.

Zuerst versteckt in Hinterzimmern der Gasthäuser wurden die Aufsteller immer mutiger und frecher. Rasch scheuten sie sich nicht mehr ganze Spielhallen mit Neonbeleuchtung in den Hauptstraßen, den Bahnhofsvierteln, auf frequentierten Straßen und Plätzen zu errichten. Nicht wenige der deutlich und gar nicht versteckt agierenden illegalen Anbieter waren und sind noch immer in unmittelbarer Nähe von Bezirkshauptmannschaften oder Polizeidienststellen bzw. anderen öffentlichen Einrichtungen.

Nicht selten schoben sie in den Verbotsländern das legalisierte Sportwetten-Geschäft als Kundenbringer vor, um tatsächlich im Automatenbereich abzucashen. Auch die Card Casinos, welche in diesen Ländern wie Schwammerl aus dem Boden sprießen, verdienen ihr Geld nicht mit Kartenspielen, sondern mit illegalen Geldspielgeräten, welche sie in den sogenannten „Card Casinos“ aufstellen.

Mit den Sportwetten oder den Pokerspielen ziehen sie Spieler in den Verbotsländern wie Honig die Bienen an. An den Automaten werden diese dann erst richtig abgezockt.

Als Spieler-Info.at vor fünf Jahren den Kampf gegen die illegalen Geldspielangebote in Österreich aufgenommen hat, zeigte sich nach den ersten tiefgreifenden Recherchen vor Ort ein sogar für den Fachmann erstaunliches Bild.

Zeigten die Erhebungen im Jahre 2011 noch eine extrem hohe Dichte, so konnte zwei Jahre später mit Stand März 2013 eine Reduktion der illegalen Automaten um rund 50 % verzeichnet werden:

Anmerkung der Redaktion:

In den Ziffern 2013 sind die bedeutenden Beschlagnahmungen, welche die Finanzpolizei insbesondere in den letzten Wochen vor Redaktionsschluß des Weißbuches vornahmen, n o c h   n i c h t   berücksichtigt.

Die aktuellen Ziffern 2013 über Standorte und Geräte sind somit deutlich niedriger anzusetzen.

Mit dieser Dichte an nicht konzessionierten, illegalen Geldspielgeräten wurde ein österreichweit tätiges kriminelles Netzwerk geschaffen, welches hunderte Mitarbeiter mit Inkasso, technischem Service und Logistik beschäftigte. Die Mitarbeiter selbst wussten und wissen zumeist nichts von den illegalen Praktiken, zumal diese völlig ohne Scheu in der Öffentlichkeit stattfanden.

Es käme auch niemand auf die Idee an einer Hauptstraße eine Hanfplantage mit Verkauf von Hasch zu errichten – denkt der geneigte Leser.

Beim illegalen Geldspielgerät ist die Situation eine andere: Frechheit siegt!
Untermauert wird diese Frechheit durch halb- und 80% wahre Expertisen und Gutachten.

Das Ziel dieser Verwirrtaktik: es soll sich niemand auskennen. Jeder soll glauben: „Gibt es eben verschiedene Auslegungen“.

Die mit dem illegalen Geldspielgerät erzielten Umsätze sind nicht nur beachtlich, sondern auch bereits die öffentliche Ordnung unterminierend gefährlich.

Jeder Geldspielautomat bringt – unterschiedlich nach Region und Standort – zwischen 5.000,- und 7.000,- Euro pro Monat. Dieses Durchschnittsergebnis ist jahrelange Branchenerfahrung und wird auch bei Kontrollen immer wieder festgestellt. Die durchschnittlichen Umsatzzahlen sehen also in etwa im Jahre 2011 wie folgt aus:

Alleine in den letzten 10 Jahren hat das illegale Glücksspiel in diesen „Verbotsländern“ fast 10 Milliarden Euro abgezockt!!! Das ist die erschreckende monetäre Bilanz des „Verbotes“!

Mit diesen hohen, fast immer auch fiskalisch mangels einer ordnungsgemäßen Buchhaltung unkontrollierten Bargeldmengen (alle diese Beträge verstehen sich als monatlicher bzw. jährlicher Kasseninhalt, also als jener Betrag, der tatsächlich bar in der Kasse des Geldspielautomaten nach Abzug der Auszahlungen übrig bleibt.

Von diesem Betrag müssten 20 % Umsatzsteuer und 30 % Glücksspielabgabe – zusammen also 50 % – abgeführt werden.

Die hohe Dichte in Relation zur Bevölkerung, welche die illegalen Geldspielgeräte in den genannten Bundesländern erreicht haben, war das Resultat des kompletten Verbotes. Den Schädlingen stehen keine Nützlinge gegenüber, um einen Vergleich mit der Natur herzustellen.

Politik und Behörden sind der Meinung, dass mit dem generellen Verbot die Angelegenheit erledigt sei. Die Bevölkerung denkt, wenn ein Angebot derart öffentlich und ohne Scheu vor Konsequenzen und Verantwortung präsentiert wird, wäre „alles in Ordnung“. Vor allem aber: die wichtigsten Helfer im Kampf gegen das illegale Glücksspiel, die legalen konzessionierten Betreiber, welche sich an strenge Spielerschutzauflagen und steuerliche Regeln halten, sind in diesem Marktsegment nicht vorhanden.

Die Illegalität kann sich ungestört ausbreiten, so wie eben dieser unfreiwillige Feldversuch in den sogenannten Verbotsländern beweist.

Spieler-Info.at will mit diesen Fakten der größten bekannten Marktdurchdringung illegaler Geldspielgeräte nicht auf die sozialen Folgen des illegalen Glücksspiels eingehen. Dazu gibt es von berufener Seite oftmals zwar divergierende, aber doch sehr fundierte Studien.

Hier zeigt Spieler-Info.at lediglich anhand der Marktpräsenz illegaler Geldspielgeräte auf, dass der Gedanke, im sensiblen Bereich des Glücksspiels das Angebot kontrolliert und reduziert zu gestalten, richtig ist, dass jedoch ein Total-Verbot das genaue Gegenteil erreicht.

Ein Paradoxon im Vergleich zu den Verbotsländern des sogenannten Kleinen Glücksspiels ist das Bundesland bzw. die Stadt Wien.

Dort wurde bereits Anfang der 80-iger Jahre das Kleine Glücksspiel erlaubt, jedoch vom Start weg streng reglementiert.

Nicht nur ein Spielapparatebeirat, welcher in den letzten Jahren extrem scharf und kritisch den Markt kontrolliert, sondern auch wirkungsvolle ordnungspolitische Maßnahmen haben den Geldspielautomatenmarkt in Wien quantitativ seit fast 20 Jahren im gleichen Mengenpegel gehalten. Eine monatliche Pauschalgebühr pro Geldspielgerät und eine Limitierung von maximal zwei Geräten pro Standort haben die weitere Ausbreitung von Geldspielgeräten, wie sie vor den 80-iger Jahren in Wien vorhanden war (es gab vor der Regulierung ca. 10.000 illegale Geldspielgeräte in Wien) auf knapp 3.000 Geräte inklusive jene der Casinos Austria beschränkt. Sicher, es gab auch in Wien eine langsam wieder zurückgedrängte Entwicklung zu sogenannten Spielkabinen, welche zwar dem Wiener Veranstaltungsgesetz entsprechen, aber bald der Vergangenheit angehören werden.

Einen weiteren Effekt hatten jene ca. 50 Millionen Euro, welche das Land bzw. die Stadt Wien jährlich aus dieser pauschalen Glücksspielabgabe eingenommen hat. Ein halbes Dutzend strenger Kontrolleure sowie eine wachsame Magistratsabteilung mit straffer Buchführung und einer scharf agierenden Einsatztruppe achteten darauf, dass sich in Wien die illegalen Geräte nicht verbreiten konnten.

Einer der wesentlichsten Argumente der Befürworter eines Generalverbotes für Geldspielautomaten:

„Nicht nur der Schutz der Spieler, sondern auch jenes, dass sich die Öffentliche Hand nicht am Spiel bereichern soll.“

Mit diesem „Totschlag“-Argument wurden jahrelang in den Verbots-Ländern legale Glücksspielkonzessionen verhindert. Die Praxis hat gezeigt, dass genau dieses Argument der defacto Ausschaltung aller Behörden gleichkommt. Nachdem kein Landesbudget für die Kontrolle des Glücksspielmarktes vorhanden ist, wird dieser auch nicht kontrolliert. Resultat wie hier beschrieben

Die Glücksspielnovellierung 2010 zählt zu den weltweit besten und restriktivsten Glücksspielgesetzen. Seit bald zwei Jahren sind in Niederösterreich, welches als erstes Verbotsland das Automatenspiel wieder legalisiert hat, die ersten, den strengen Spielerschutzbedingungen entsprechenden kleinen Spielbetriebe eröffnet worden.

Auch Oberösterreich hat bereits nach einer umfangreichen Ausschreibung legale Konzessionen nach Bedingungen des neuen, strengen Glücksspielgesetzes vergeben und damit sich der zeitgemäßen Ansicht des restriktiven Angebotes für Glücksspielautomaten angeschlossen.

Auch das Burgenland und Kärnten haben Ausschreibungen umgesetzt, die Entscheidungen über die Vergabe der Landeskonzessionen im Burgenland sind zum Redaktionsschluss nicht bekannt.

In Wien wird derzeit durch auslaufende Konzessionen das Angebot stark verdünnt, Ende 2014 läuft die Übergangsfrist aus.

Die „unfreiwillige Feldstudie“ über illegales Glücksspiel, welche Spieler-Info.at hier anhand von nachvollziehbaren, präzis dokumentieren Beispielen und Ergebnissen dargestellt hat, kann auch der Politik als Entscheidungsgrundlage dienen.

Die Bundesländer Oberösterreich und Niederösterreich haben zwar bereits auf Grund der neuen Gesetzeslage Konzessionen mit strengen Auflagen und bedeutender Reduktion der Geldspielgeräte vergeben. Diese Konzessionen wurden  in Oberösterreich von abgelehnten Anbietern (insbesondere solchen, welchen in das Illegale Glücksspiel seit vielen Jahren verwickelt waren und sind) beeinsprucht, sodass derzeit in Oberösterreich noch immer der Markt von illegalen Anbietern beherrscht wird.

Dies ist auch das Ziel der Einsprüche: solange  als möglich die illegalen Cash-Bringer zum Nachteil der Spieler im „gesetzlosen Rahmen“ einsatzbereit zu halten.
Im Burgenland liegen bei Redaktionsschluss noch keine Entscheidungen über neue Konzessionen vor.

Es ist jedoch zu befürchten, dass auch in diesem Bundesland die illegalen Betreiber durch Einsprüche Zeit gewinnen möchten.

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